Presseschau Beiträge von Tobias Pester

Geben und Nehmen auf Capitol Hill

Wie Lobbyismus im amerikanischen Parlament funktioniert
Geben und Nehmen auf Capitol Hill
Bild von citron_smurf

Die Einflussnahme privater Unternehmen auf die Gesetzgebung ist seit längerem Gegenstand öffentlicher Debatten. Die subtile Funktionsweise des Lobbyismus im amerikanischen Parlament erklärt Ezra Klein anschaulich im New York Review of Books. Dabei kommt er ohne die sonst allgemeine Unterstellung aus, die Abgeordneten würden böswillig, wider besseres Wissen handeln. Vielmehr ist seit den 90er Jahren ein symbiotisches System zwischen Abgeordneten und ihren Mitarbeitern auf der einen und Lobbyisten auf der anderen Seite entstanden, das die ungewünschte Einflussnahme herbeiführt – die einzelnen Akteure in dem System handeln aus ihrer Sicht lauter. Weiterlesen … »

Konservative und Fundamentalisten sind nicht das gleiche

Zum Wahlergebnis in Ägypten
Wahllokal in Ägypten
Wahllokal in Ägypten Bild von Jonathan Rashad

Die ersten freien Parlamentswahlen in Ägypten seit Jahrzehnten endeten im Januar. Der renommierte Nahost-Fachmann Olivier Roy sieht darin ein Aufbrechen der vorherrschenden politischen Kultur der letzten 60 Jahre. Wie zu erwarten war, triumphierten die sog. Islamisten (47% der Stimmen), sprich Kulturkonservative mit religiös unterfütterten politischen Vorstellungen. Weil sie jahrzehntelang vom politischen Geschehen in Ägypten ausgegrenzt wurden, besitzen sie große Glaubwürdigkeit bei den Wählern. Überraschend dagegen ist der Wahlerfolg der Salafisten (24,6% der Stimmen), also Fundamentalisten, die sich an ihrer Vorstellung, wie das Gemeinwesen zu Mohammeds Zeiten ausgesehen haben soll, orientieren. Dass sich diese Gruppe, die eigentlich parlamentarische Demokratie bzw. eine pluralistische Gesellschaft überhaupt ablehnt, gezwungen sieht, an den Wahlen teilzunehmen, um nicht in der Bedeutungslosigkeit zu versinken, spricht für die Verankerung demokratischen Denkens in der ägyptischen Öffentlichkeit. Weiterlesen … »

Radioaktive Asche

Japanische Regierung verbrennt verstrahlten Fukushima-Abraum
Checkpoint im vergangenen April
Checkpoint im vergangenen April Bild von Warren Antiola

Die durch Erdbeben und Tsunami ausgelöste Kernschmelze in Fukushima führte dazu, dass Strahlung aus dem Atomkraftwerk austrat und sich weit verbreitete – so weit, dass in Kalifornien und Frankreich erhöhte Strahlungswerte gemessen werden konnten. Der dadurch kontaminierte Schutt in der von dem Tsunami verwüsteten Region um das AKW wird nun seit einigen Monaten auf Provinzen in ganz Japan verteilt, um dort verbrannt zu werden. Radioaktive Asche gerät somit in die Atmosphäre und kann sich über globale Windströme verteilen. Während die Verstrahlung der Region um Fukushima durch das Reaktorunglück ein Unfall war, führt das jetzt begonnene, vorsätzliche Verbrennen des Schutts zur weiteren Verbreitung der radioaktiven Strahlung, die gesundheitliche Schäden weit über Fukushima hinaus zur Folge haben kann.

Die Regierung, die wir verdienen

Juli Zeh und die Postdemokratie

Juli Zeh mahnt zur Vorsicht, wenn vielerorts die Rede davon ist, die Demokratie sei schon verloren. Wichtige Dinge in der Politik laufen falsch, deswegen ist aber unsere Demokratie als solche nicht zerstört. Der Glaube, komplett unregulierte Märkte würden nicht nur für die unmittelbaren Marktteilnehmer, sondern auch für die Gemeinschaft als ganzes die beste Lösung sein, hat sich inzwischen als falsch erwiesen. Juli Zeh erinnert aber daran, dass die Politik, die in den vergangenen Jahrzehnten diesem Irrglauben gefolgt ist, nicht losgelöst agierte von dem, was die Gesellschaft wollte, oder von der Sorge um die Gesellschaft. Dem neoliberalen Irrglauben saß auch die große Mehrheit außerhalb der Politik auf. Von einem Versagen der Demokratie, also dass das Land politisch so gestaltet worden sei, wie von einer Mehrheit der Wähler nicht gewünscht, könne demzufolge keine Rede sein. Demokratie ist nicht, wenn gemacht wird, was gut ist, sondern, wenn gemacht wird, was die Mehrheit will. Das heißt, wenn am Ende Dinge schief gehen, ist es deshalb nicht automatisch ein Versagen der Demokratie. Wer unzufrieden mit der Politik ist, erinnert sie, soll nicht nur meckern, sondern aktiv werden. Demokratie lebt von Teilnahme, also Aktivismus, und nicht nur Teilhabe, also betroffen zu sein von politischen Entwicklungen.

Nachhaltig ausgrenzen

Naturschutz als Argument gegen Einwanderung
Aspen in den Rocky Mountains
Aspen in den Rocky Mountains Bild von aspenpitkin.com

Aspen im amerikanischen Bundesstaat Colorado ist das St. Moritz der USA. Während betuchte Urlauber in dem Skiort nach Pelzen und Schmuck shoppen, schuften hinter den Kulissen für Besucher unsichtbar Einwanderer aus Lateinamerika – soweit für amerikanische Verhältnisse nichts ungewöhnliches. Allerdings regt sich Widerstand gegen die Einwanderer ausgehend vom Stadtrat. Der hat eine Resolution verabschiedet, wonach die Bundesregierung Einwanderung stärker begrenzen soll. Begründung: Einwanderung sei der Hauptmotor von Bevölkerungswachstum und Bevölkerungswachstum zerstöre die Umwelt. Gemeint ist damit, die lateinamerikanischen Einwanderer führen einen umweltschädlichen Lebensstil und sind deshalb nicht erwünscht. Sie leben in ihren Autos, Wohnwagen oder sogenannten trailer parks. Das sind Siedlungen festgemachter Wohnwagen – die anerkanntermaßen niedrigste Wohnform in den Vereinigten Staaten, nach Obdachlosigkeit. Von ihren wenig umweltschonenden Behausungen fahren die Einwanderer dann jeden Tag 50-100 km zur Arbeit und zurück, denn für sie bezahlbare Unterkünfte im näheren Umkreis von Aspen gibt es nicht. Weiterlesen … »

'Heut ist alles schlechter'

Eine Debatte über den politischen Diskurs in Deutschland

Auf ihrem Blog alternativlos.org diskutieren Felix von Leitner und Frank Rieger mit Frank Schirrmacher über den Zustand des politischen Diskurses in Deutschland heute. Dabei geht es um das Niveau der Rhetorik in der deutschen Politik, das Phänomen Guttenberg, Tabus im öffentlichen Diskurs, die Simulation von Wahrheit, das Ende der Rationalität im politischen Diskurs. Und dass wir, wenn schon, wenigstens gut belogen werden wollen.

Amerikas zunehmende Verrohung

Wie die politische Kultur zerstört wird

Paul Pillar, ehemaliger CIA-Mitarbeiter und Dozent für Sicherheitsstudien, behauptet, was erfolgreiche Demokratien von autoritären Systemen unterscheide, seien nicht so sehr die entsprechenden politischen Institutionen, sondern die politische Kultur. Verfassungen, Gerichte und Wahlen gibt es auch in autoritären Staaten. Es sei aber ein Verständnis von Mehrheitsherrschaft, »loyaler Opposition« und die Einsicht, Kompromisse eingehen zu müssen, was erfolgreiche Demokratien ausmacht. Diese politische Kultur sieht er in den Vereinigten Staaten schwinden. Die Republikaner, zum Beispiel, verhindern regelmäßig mehrheitlich beschlossene Gesetzgebung mit parlamentarischen Tricks und verletzen so das Prinzip der Mehrheitsherrschaft.

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