Ökologisch, sozial, demokratisch
Am 3. November können die Berliner darüber abstimmen, ob sie das kommunale Stromnetz wieder in die öffentliche Hand übernehmen wollen. Die Materie ist jedoch komplex, nicht zuletzt, weil die Betriebskonzession unabhängig vom Ausgang des Volksentscheids in einem offenen Bieterverfahren ausgeschrieben werden muss. Die Initiatoren des »Berliner Energietischs« und die Oppositionsparteien Linke, Grüne und Piraten hoffen auf ein positives Votum der Wähler wie jüngst in Hamburg oder schon früher bezüglich der Wasserbetriebe in Berlin. Klar gegen den Gesetzentwurf des Volksentscheids haben sich die Wirtschaftsverbände, der Berliner Senat und auch die Gewerkschaften ausgesprochen. Sie argumentieren vor allem mit den hohen Kosten und dem Umstand, dass die Strompreise kaum sinken würden.
Es sprechen aber auch gewichtige Gründe für den Vorschlag. Denn die Initiatoren verweisen auf die stabilen Gewinne von etwa 80 Millionen Euro jährlich, die sich aus dem Betrieb des Netzes generieren lassen und so den Kauf selbst finanzieren könnten. Unter anderem soll auch ein Stadtwerk gegründet werden, um soziale Härten auszuschließen, etwa die jährlich rund 19.000 Fälle, in denen der bisherige Betreiber Vattenfall säumigen Kunden den Strom abschaltete. Des weiteren soll das geplante Stadtwerk vor allem ökologisch und dezentral produzierten Strom vertreiben. Besonders bemerkenswert ist der Vorschlag, dieses Stadtwerk demokratisch durch gewählte Bürgervertreter und Mitarbeiter kontrollieren zu lassen. Dieses wirtschaftsdemokratische Element könnte durchaus Vorbildcharakter bekommen. Wohl eher aus taktischen Gründen hat der Senat noch kurz vor der Abstimmung ebenfalls beschlossen, ein eigenes Stadtwerk gründen zu wollen. Dieses aber wird deutlich weniger anspruchsvoll in seinen Zielen sein.
Die Lebenslüge der Energiekonzerne
Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme hat nachgerechnet: Was kostet die Erzeugung von Strom aus verschiedenen Quellen aktuell und wahrscheinlich in den kommenden Jahren. Dabei hat das Forscherteam auch eine Reihe von zusätzlichen Kostenfaktoren berücksichtigt, zum Beispiel die unterschiedlichen Zinssätze und die Lebensdauer der Anlagen. Interessant dabei: Vor allem Windkraftanlagen schneiden überraschend gut ab. Allerdings nur die landgestützten Windräder; die Offshore-Windparks haben zwar eine höhere Volllastzeit, können damit aber die aufwändigere Technik nicht kompensieren. Das ist nicht zuletzt deswegen brisant, weil sowohl die Bundesregierung als auch die Stromkonzerne massiv auf letztere setzen.
Kleine, privat installierte Photovoltaik-Anlagen sind übrigens, auch Dank heftiger Preissenkungen, mittlerweile durchaus attraktiv. Noch mehr gilt das für großflächige Systeme. Außerdem werden die Kosten mittelfristig weiter zurückgehen. Umgekehrt verhält es sich mit der konventionellen Stromerzeugung, etwa durch Kohle- oder Ölkraftwerke. Denn die fossilen Brennstoffe werden mit Sicherheit teurer.
Green New Deal
Joachim Hirsch widmet sich in einem längeren Beitrag den grundsätzlichen Voraussetzungen eines grünen, ökologischen Umbaus der Wirtschaft. Dabei dominiert bei ihm Skepsis, denn dieser Wandel würde sich stets in einem klar begrenzten Rahmen bewegen. So werde etwa Atom- durch Solarstrom ersetzt, nicht aber das Wachstum des Energieverbrauchs generell hinterfragt. Genauso, wie ein grüner Kapitalismus weiterhin auf Rohstoffe und Absatzmärkte angewiesen ist, sich an einer auch militärisch abgestützten Außenpolitik zur Durchsetzung dieser Interessen also nichts ändern wird. Eine Parallele sieht Hirsch dabei zwischen der Arbeiterbewegung und den modernen Ökogruppen. So wie einst bessere und notwendige Mindeststandards für die Arbeiterschaft durchgesetzt wurden, sorgt die Ökologiebewegung heute für ebenso notwendige Veränderungen auf ihrem Gebiet. Allerdings wird es kaum gelingen, das Wirtschaftssystem als ganzes umzukrempeln: Weiterlesen … »
Klimaschutz im kleinen Kreis
Auch die Klimakonferenz von Durban wird keinen Durchbruch bringen, darin sind sich Claus Leggewie in den Blättern und Verena Schmitt-Roschmann im Freitag einig. Denn die Blockadehaltung von USA und China bietet weiteren Staaten einen Vorwand, sich nicht an einer Fortsetzung des Kyoto-Protokolls zu beteiligen. So sind Absichtserklärungen und bestenfalls dünne Ergebnisse zu erwarten. Durch den wachsenden CO2-Ausstoß läuft aber die Zeit davon. Um den Klimaschutz als Ziel aber nicht aufzugeben, fordert Leggewie eine »Koalition der Willigen«, angeführt durch die Europäische Union:
Die europäischen Unterhändler haben bereits in Kopenhagen erfahren, wie isoliert die EU auf internationalem Parkett ist. Der Ausweg aus der Klimakrise ist aber nicht weniger Europa, sondern mehr davon: erstens mehr Vergemeinschaftung in der Energie- und Infrastrukturpolitik, zweitens mehr Mitwirkung der Bürger bei Entscheidungen über Energien und Lebensstile der Zukunft und drittens, last but not least, mehr Macht für ein ökologisches Europa in den internationalen Verhandlungsarenen.
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Kuhhandel um das Klima
Am 28. November steht die nächste UNO-Klimakonferenz in Südafrika an. Doch aller Voraussicht nach wird sie keinen entscheidenden Durchbruch bringen. Dabei wäre der wichtiger als je zuvor. Im vergangenen Jahr ist der weltweite CO2-Ausstoss um 6% gestiegen, so stark wie noch nie. Überdies zeigen aktuelle Entwicklungen, dass der Klimawandel weiter voranschreitet. Seine Folgen – Dürren, Überschwemmungen, Versteppung – treffen allerdings vorwiegend die Entwicklungsländer.
Die neuen Verhandlungen stehen unter ungünstigen Vorzeichen. Denn die USA und China sperren sich gegen verbindliche Verzichtserklärungen, und auch andere Länder geben sich zurückhaltend, wie etwa Polen oder Bolivien. Hinzu kommt, dass Japan seit der Katastrophe von Fukushima vermehrt auf klimaschädliche Kohlekraftwerke setzt. Keine guten Aussichten also für ehrgeizige Ziele. Nicht umsonst hat auch Umweltminister Norbert Röttgen schon einmal vorsorglich die Erwartungen gedämpft - und betont, dass er vor allem die USA in der Pflicht sieht.
Triade der Trippelschritte
Nach dem Scheitern des Klimagipfels 2009 in Kopenhagen geht es beim diesjährigen Gipfel im mexikanischen Urlaubsressorts Cancún am karibischen Meer um eine Politik der kleinen Schritte. Trotz des Scheiterns des großen Wurfs sieht Bernhard Pötter in der taz darin eine Chance. Es tue es sich jenseits des großen Abkommens an vielen kleinen Fronten durchaus etwas: So habe sich eine »Koalition der Willigen« aus Industrie- und Entwicklungsländern gefunden, die auch ohne ein großes Abkommen im Klimaschutz vorangehen will. China baut seine erneuerbare Energie aus; ein Fond für ökologische Technologie für Schwellenländer ist in Arbeit. So steht die Hoffnung im Raum, ein Abkommen in den folgenden Konferenzen auf den Weg zu bringen. Denn klar ist: Die bisherigen Beschlüsse werden den Klimawandel nicht dämpfen.
Viele Quellen
In der Frankfurter Allgemeinen ist aus Anlass des anstehenden neuen Energiekonzepts der Bundesregierung ein informativer Überblick zur Situation in Deutschland erschienen. Dabei geht es auch um die zukünftigen Perspektiven von Kohle, Atomkraft, Gas und erneuerbaren Energieträgern; neben Fragen des Umweltschutzes sind auch solche der Versorgungssicherheit von großer Bedeutung.
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