Magazin Rezension

Polyphonie der Massen

Der Diskurs der Arbeiteremanzipation aus der Nacht der Ideologie. Einige Hintergründe zu einem seltsamen Buch Jacques Rancières
Polyphonie der Massen

„Es ist schon ein seltsames Buch“, charakterisierte kürzlich ein Bekannter Die Nacht der Proletarier, die bereits 1981 veröffentlichte und seit September letzten Jahres erstmals auf deutsch vorliegende Dissertation Jacques Rancières. Die zeitgenössische Kritik sah darin, wo sie am strengsten urteilte, lediglich „Literatur“. Verzichtet Rancière doch durchweg „auf die erklärende Distanz“, die geeignet wäre, das Denken der LeserInnen zu entlasten, indem sie das Denken der Untersuchungsobjekte verwirft. Stattdessen werden die Objekte dieser genealogischen Untersuchung über die politische Subjektivierung und das Denken der Arbeiter, die 1830 die Erfahrung der Pariser Julirevolution gemacht hatten, als Subjekte ernst genommen. Und als solche kommen sie selbst ausführlich zu Wort, ohne dass ihre Äußerungen nur dazu dienten, diese oder jene vorgefasste Ansicht zu illustrieren. Weiterlesen … »

Unser Relativismus, unsere Reaktion

Die filmisch-revisionistische Aufarbeitung einer fanatisierten Generation mit Opferkomplex

Dem ZDF sei da ein großer Wurf gelungen. Unsere Mütter, unsere Väter wurde unisono gelobt. Das sei Geschichtsstunde voller großer Gefühle gewesen. Das Band of Brothers des deutschen Fernsehens. Die Geschichte fünf junger Menschen während des Zweiten Weltkrieges war dabei vieles, historische Auseinandersetzung aber sicherlich nicht. Eher das Märchen heldenhafter Selbstaufopferung, das zwischen den Zeilen immer wieder zu flehen schien: Könnt ihr Nachkommen jetzt endlich verstehen, welche Opfer wir erbracht haben, wie wir um unsere Jugendzeit beraubt wurden? Weiterlesen … »

Tatort Plagiat

das Dossier zu Gast bei Freunden
Tatort Plagiat
Bild von Dr. Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg

Spätestens seit dem Fall des Dr. ex. Theodor etc. etc. von und zu Guttenberg ist einer breiten Öffentlichkeit das Problemfeld Plagiat bekannt geworden. Aktuell muss die Bundesbildungsministerin Annette Schavan um Doktortitel, Ruf und Amt bangen.

Doch auch im Journalismus sind Plagiate alltäglicher, als so mancher vermutet. Schlechte Bezahlung und Produktionsdruck tun ihren Beitrag zum Abschreiben. Zumeist ist das wenig dramatisch. Sofern eine Recherche in eigene Worte gekleidet wird, ist das Plagiat völlig legal; fügt der Autor dem noch eine Quellenangabe hinzu, ist diese Übernahme gar Erkenntnis fördernd, gängig, vielmehr: Tagesgeschäft.

Diese beiden kleinen Schritte werden nur allzu gerne vergessen – was soll den die liebe Mühe, wenn die Freunde mit dem Bier in der Kneipe warten und der Redaktionsschluss naht? Weiterlesen … »

Demokratie. Ein Abgesang?

Sammelrezension zu einem aktuellen Thema

Im Moment ihrer Bedrohung wird die Demokratie zum Gegenstand des politischen Gesprächs. Ob man sie so bestärkt oder ihr unversehens den letzten Stoß versetzt, ist nicht immer ganz klar.

Zur Alltagsweisheit ist geworden, dass es für demokratische Aushandlungsprozesse wenig Spielraum gibt, wo während der vergangenen Jahrzehnte ein vormals öffentlicher Sektor privatisiert oder – formal in öffentlicher Hand – dem Verwertungsimperativ rigoroser unterworfen wurde. Das Kapital hat ein deutliches Gesetz und kennt nur eine Verantwortlichkeit: Profit und mehr Profit. Wozu noch diskutieren? So regiert der Reichtum unumwunden. Die Begrenzung der Macht des Reichtums aber war es, die Unterbrechung gerade der Verbindung, die von der Schuld in die Sklaverei führte, die mit den Reformen Solons um 594 v.u.Z. am Anfang der Demokratie stand. Und die der Politik den Spielraum erst eröffnete. Weiterlesen … »

Die Agenda des Salzwasserökonomen

Das neue Werk von Paul Krugman
Die Agenda des Salzwasserökonomen

Mit seinem Buch „Vergesst die Krise! Warum wir jetzt Geld ausgeben müssen“ liefert der US-Ökonom Paul Krugman einen wortmächtigen Gegenentwurf zur Ideologie des „Kaputtsparens“. Er versteht es einmal mehr, mit einfachen Worten und Metaphern volkswirtschaftliche Zusammenhänge so darzustellen, dass sie auch von Lesern ohne große Vorkenntnisse verstanden werden können. Paul Krugman sei der erste Blogger, der einen Nobelpreis gewonnen hat – so lautet ein Bonmot, das vor allem von seinen Gegnern immer wieder gerne fallengelassen wird. Weiterlesen … »

Richtiges Leben im Falschen?

Theorie und Praxis alternativer Ökonomie
Richtiges Leben im Falschen?

Angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise, aber auch aufgrund der fatalen Konsequenzen neoliberaler Politik wächst das Interesse an Alternativen zum herkömmlichen marktwirtschaftlichen System. Gisela Notz unternimmt den Versuch, solche Ideen und konkreten Umsetzungsversuche knapp und allgemeinverständlich vorzustellen. Ein interessantes Thema für all jene, die auf der Suche nach der »konkreten Utopie« sind. Aber auch lesenswert für Menschen, die einfach keine realistische Option sehen neben dem Altbekannten und Konventionellen. Weiterlesen … »

Auf Spurensuche im Villenviertel

Ein spannendes Buch zu einem wichtigen Thema
Auf Spurensuche im Villenviertel

Hartz IV, Rütlischule, Altersarmut – die Liste ließe sich beliebig verlängern. Viel wird geredet und geschrieben über die Unterschicht in diesem Land. Da streiten Politiker monatelang über die Frage, ob der Regelsatz für Arbeitslose um fünf Euro steigen soll oder nicht. Und darüber, ob man nun Asylsuchenden lieber Bargeld gibt oder Lebensmittelgutscheine. Aber wie sieht es eigentlich am anderen Ende der sozialen Hierarchie aus? Was machen denn die Millionäre? Wie sehen sie sich, ihren Reichtum und die Gesellschaft? Christian Rickens hat sich seit Jahren mit diesen und ähnlichen Fragen beschäftigt – herausgekommen ist dabei ein Buch: Ganz oben. Wie Deutschlands Millionäre wirklich leben. Weiterlesen … »