Konservative und Fundamentalisten sind nicht das gleiche
Die ersten freien Parlamentswahlen in Ägypten seit Jahrzehnten endeten im Januar. Der renommierte Nahost-Fachmann Olivier Roy sieht darin ein Aufbrechen der vorherrschenden politischen Kultur der letzten 60 Jahre. Wie zu erwarten war, triumphierten die sog. Islamisten (47% der Stimmen), sprich Kulturkonservative mit religiös unterfütterten politischen Vorstellungen. Weil sie jahrzehntelang vom politischen Geschehen in Ägypten ausgegrenzt wurden, besitzen sie große Glaubwürdigkeit bei den Wählern. Überraschend dagegen ist der Wahlerfolg der Salafisten (24,6% der Stimmen), also Fundamentalisten, die sich an ihrer Vorstellung, wie das Gemeinwesen zu Mohammeds Zeiten ausgesehen haben soll, orientieren. Dass sich diese Gruppe, die eigentlich parlamentarische Demokratie bzw. eine pluralistische Gesellschaft überhaupt ablehnt, gezwungen sieht, an den Wahlen teilzunehmen, um nicht in der Bedeutungslosigkeit zu versinken, spricht für die Verankerung demokratischen Denkens in der ägyptischen Öffentlichkeit. Weiterlesen … »
Im Wert gesunken
Der renommierte Islamwissenschaftler und Dschihad-Experte Olivier Roy zeigt auf, welche Implikationen der Tod Osama Bin Ladens politisch hat. Wie auch von anderen Fachleuten geäußert, geht er davon aus, dass Bin Laden unter dem Schutz des pakistanischen Sicherheitsapparats stand und nun von diesem fallen gelassen wurde. Für die Pakistanis, so Roy, war Bin Laden inzwischen zu einer Belastung geworden, statt nutzbares politisches Kapital zu sein. Warum? Weiterlesen … »
Konzepte von Gestern
Fast vergessen ist der »Dritte Weg«, für den der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder und der britische Premier Tony Blair einst plädierten: Eine Neujustierung der Sozialdemokratie jenseits von links und rechts schwebte ihnen vor. Einer der Vordenker, Anthony Giddens, blickt in der englischen Wochenzeitschrift New Statesman auf diesen gescheiterten Versuch zurück. Kritisch geht Rudolf Walther im Freitag mit New Labour, der Neuen Mitte und Giddens ins Gericht: Die Marktfixierung habe die Finanzkrise mit vorbereitet, der militärische Interventionismus der Sozialdemokratie geschadet und unklar sei die politische Zielsetzung gewesen:
Schwammigkeit im Begrifflichen zeichnete schon das Schröder-Blair-Papier aus, das sich nach elf Jahren stellenweise wie eine Kabarettnummer liest. Hier wurde gleich im zweiten Absatz »das Dogma von Links und Rechts« beerdigt, so als ob es keine krassen sozialen Interessenkonflikte mehr gäbe.