Schlechte Nachrichten
Die Krisenberichterstattung von deutschen und amerikanischen Medien steht zunehmend in der Kritik. Stefan Korinth wirft auf dem Blog Novo Argumente den deutschen Medien die Produktion von »Einheitsbrei« im Konflikt in und um die Ukraine vor. Es mangele an kontroversen Meinungen, letztlich setze sich ein Narrativ durch:
Ein despotischer Diktator lässt sein friedlich protestierendes Volk von brutalen Milizen niederknüppeln. Die Menschen, die sich »Europa« zuwenden wollen, sind gezwungen, sich selbst zu verteidigen. Der korrupte Herrscher lässt schließlich auf sein Volk schießen und flieht bei Nacht und Nebel, als die Menschen trotz vieler Todesopfer nicht weichen.
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Al-Jazeera von innen
Al Jazeera galt viele Jahre als das journalistische Aushängeschild der arabischen Welt: Kritisch, unabhängig, professionell. Aktham Suliman, ehemaliger Mitarbeiter des Senders, ist vor einiger Zeit dort ausgestiegen, denn er beklagt die zunehmende Instrumentalisierung für politische Zwecke. Das zeige sich insbesondere im Zusammenhang mit dem arabischen Frühling, der nicht zuletzt durch Medien wie Al Jazeera beeinflusst worden sei. Ein Interview als Akt der Selbstreflexion über Ethik im Journalismus und die schleichende Korrumpierung durch Geld, Ruhm und Korpsgeist.
Forschung, Politikberatung, Agenda Setting
Die FAZ hat ein umfangreiches Ranking einflussreicher Wirtschaftswissenschaftler aus dem deutschsprachigen Raum verfasst. Natürlich kann man über die grundsätzliche Berechtigung von Rankings streiten. Sie dienen ja nicht nur der Information, sondern oft auch als ein probates Mittel für Agendasetting und zur Zementierung von Machtverhältnissen. So vermutlich auch hier. Es fällt jedenfalls auf, dass die weit überwiegende Mehrzahl der genannten Wirtschaftswissenschaftler waschechte Neoliberale sind. Das spiegelt einerseits ganz gut die faktische Dominanz dieser Schule innerhalb des Wissenschaftsbetriebs wider, andererseits befestigt es deren Position noch durch solche »Gütesiegel«. Andere Richtungen, etwa Keynesianer oder Marxisten, spielen dagegen kaum eine Rolle in dem Ranking. Ob der für das Ranking u. a. verwendete H-Index wirklich so aussagekräftig ist für die fachliche Bedeutung eines Forschers, kann man mit guten Gründen bezweifeln. Dennoch zeigt sich als interessantes Detail, dass Hans-Werner Sinn, »Deutschlands klügster Professor« (BILD), zwar in den Teilrankings Medien und Politik jeweils als Nummer eins eingestuft wird, in der Beurteilung seiner Forschungsleistung dagegen nur abgeschlagen im Mittelfeld landet. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!
Türkische Märchenstunde
Als »Nebel des Krieges« wird der Schleier aus Lügen bezeichnet, der jeden Krieg umgibt wie Pulverdampf die Kanonen. Durch das Internet sind wir nicht zwangsläufig besser informiert, die Desinformation erreicht uns aber schneller. Steven Geyer und Frank Nordhausen hinterfragen in der Frankfurter Rundschau zwei Propagandalügen des Syrienkrieges. Aufgrund des vorgeblichen Abschußes eines türkischen Flugzeuges entsandte die Bundesregierung Patriot-Raketen in die Türkei. Doch nicht nur blieb umstritten, ob der Absturz auf syrischem Hoheitsgebiet begann. Vielmehr konnten »keine Spuren von Raketenbeschuss am Wrack des veralteten F4-Phantom-Jets« nachgewiesen werden. Auch beim jüngsten Attentat im türkischen Reyhanli nahe der syrischen Grenze stellen sich Fragen: So soll der türkische Geheimdienst MIT Warnungen ignoriert haben. Wie dem auch sei: Die deutschen Medien geben in der Mehrzahl ein schlechtes Bild im syrischen Bürgerkrieg ab, indem sie die Hintergründe ausblenden und sich vor den Karren einer Kriegspartei oder den Interessen der Regionalmächte spannen lassen.
Steuern im Wahlkampf
SPD, Grüne und Linkspartei versprechen im Wahlkampf deutliche Steuererhöhungen für Wohlhabende. In zahlreichen Medien werden diese Pläne sehr kritisch behandelt. Leider aber nicht immer mithilfe seriöser Argumentationen, findet Wolfgang Lieb. Demnach würde hauptsächlich auf die nominal steigenden Steuereinnahmen und auf die Gefahren für »die Wirtschaft« verwiesen. Dabei seien andere Kriterien viel aussagekräftiger. So sei der Spitzensteuersatz der Einkommensteuer in den 90er Jahren mit 53 Prozent weit höher gewesen als ihn nun rot-rot-grün anheben wollten. Hinzu komme die Abschaffung der Vermögensteuer sowie die drastische Senkung einiger anderer Kapitalsteuern in den vergangenen Jahren. Die Steuerlast für Vermögende und Spitzenverdiener ist also ganz erheblich gesunken. Abgesehen von diesen Fakten stimme eine deutliche Mehrheit der Bürger den Steuererhöhungsplänen zu, wie verschiedene Umfragen ergeben.
Wie kritisch sind Journalisten?
Uwe Krüger hat eine umfangreiche Studie vorgelegt, in der er die Verbindungen von einflussreichen Journalisten zu politischen Netzwerken untersucht. Jeweils eine Person der Leitmedien FAZ, Die Zeit, Die Welt und Süddeutsche Zeitung werden dabei untersucht, exemplarisch mit Blick auf die Außen- und Sicherheitspolitik. Dabei wird deutlich, wie eng diese Journalisten mit anderen Eliten verzahnt sind. Und mehr noch: Es zeigt klar, wie weit sich die Sichtweisen und Argumentationen beider Gruppen decken. Dem Idealbild von kritischer, distanzierter Darstellung genügt das kaum, wie der Autor festhält:
Ihr Bild von Bedrohungen und Konflikten war ebenso eindimensional und nicht reflexiv wie das in den offiziellen Doktrinen. Stellenweise verwendeten v.a. Kornelius und Joffe Propagandatechniken, wobei offenbleiben muss, ob sie dies bewusst oder unbewusst taten. Die Argumentation der vier Journalisten ist zusammenfassend als unkritisch bis persuasiv zu qualifizieren; Gegenargumente zum offiziellen Diskurs wurden kaum diskutiert.
Neue Runde im Worthülsenweitwurf
Als alter Kniff aus der Trickkiste der Öffentlichkeitsarbeit gilt die Top 10 - Liste. Die Platzierung des Verlegers Jakob Augsteins unter die zehn schlimmsten Antisemiten dieser Welt durch das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Los Angeles hat zweifelsfrei für Aufmerksamkeit gesorgt. Um diesen Preis hat das Zentrum jedoch seinen Ruf als ernstzunehmende Instanz bei der Beurteilung des Judenhasses verspielt, indem die Jury den allseits anerkannten Deutschen Meister im Worthülsenschleudern, Henryk Broder, zum Gutachter bestellte. 1 Dieser Helfer ist nicht ausschließlich für seine feinen und differenzierenden Töne bekannt: Denn wer Antisemit ist, bestimmen immer noch Broders Identitätsneurosen.
- 1. Das Zentrum selbst bezeichnet den mit wüsten Beleidigungen um sich werfenden Berufsprovokateur Broder allen Ernstes als »weltweit respektierte[n] Wortarbeiter«.
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