Presseschau Weltwirtschaftskrise

Die letzten Mohikaner

Gibt es eigentlich noch Neoliberale?
Einer der letzten seines Volks: Mohikaner
Einer der letzten seines Volks: Mohikaner Bild von Kecko

Alexander Dill sieht gewisse Parallelen zwischen hartgesottenen Marktfundamentalisten und den Taliban, weshalb er erstere auch zu Markttaliban erklärt. Sie fabulieren trotz Finanzcrash, Spekulationsblasen und dergleichen noch immer von den Heilkräften des Marktes. Ja, mehr noch: Linke aller Couleur, also von Wagenknecht bis Merkel und Rösler hätten mit ihrer fatalen Politik die aktuelle Krise erst ermöglicht. Und diese Politik bestehe darin, den Markt systematisch zurückzudrängen.

Schließlich glauben ja die meisten Linken noch immer, das verpönte staatliche Papiergeld werde von sich maßlos bereichernden Kapitalisten unter Missbrauch ihrer Freiheit in der Marktwirtschaft auf ihren Konten steuerfrei gehamstert und vermehrt. Nein, sagen die Markttaliban, die Welt ist ganz anders.

Aus Fehlern lernen?

Ein Vergleich zwischen 1931 und 2011
Aus Fehlern lernen?
Bild von Images_of_Money

Fabian Lindner weist auf einige bemerkenswerte Parallelen der aktuellen Situation mit der Weltwirtschaftskrise hin. Nur die Rollen sind anders verteilt. Hier das im Ausland überschuldete, von Sparprogrammen drangsalierte Griechenland, dort der uneinsichtige Gläubiger Deutschland, der weder genug Geld zur Verfügung stellt, noch den Griechen eine Erwirtschaftung der notwendigen Erlöse ermöglicht. 1931 war Deutschland dieser Schuldner und die USA sorgten mit ihrer fatalen Politik für eine Verschärfung der Krise. Das Resultat war nicht nur großes Elend und Massenarbeitslosigkeit, sondern auch der kometenhafte Aufstieg der vermeintlichen Heilsbringer von rechts.

Man mag über manche Details streiten, etwa darüber, ob die Deflationspolitik des Reichskanzlers Brüning damals tatsächlich alternativlos war. Ein historischer Vergleich bietet sich dennoch an – und sensibilisiert für die möglicherweise katastrophalen Folgen, wenn die aktuelle politische Linie der Bundesregierung beibehalten wird. Ein Umdenken scheint unausweichlich.

Umbruch oder Zusammenbruch?

Die Krise der EU
Proteste in Griechenland, Oktober 2011
Proteste in Griechenland, Oktober 2011 Bild von Odysseas Gp

Tomasz Konicz analysiert ausführlich die aktuelle Eurokrise. Hinter der Fassade der politischen Machtspiele sieht er eine tiefere Ursache. Die zunehmende Rationalisierung und Technisierung weiter Teile der Wirtschaft seit den 80er Jahren habe weit mehr Jobs eingespart als neu entstehen lassen. Folglich schwand ein guter Teil der Nachfrage.

Oder besser gesagt: Diese wegbrechende Nachfrage wurde durch kreditfinanzierte Nachfrage ersetzt. Zunächst vergab die Finanzbranche großzügig Kredite an Verbraucher, während der Krise wurde das dann durch staatliche Schulden ersetzt. Die aktuellen Kämpfe in der EU um den wirtschaftspolitischen Kurs drehten sich daher vor allem um eine Frage: Soll die Schuldenspirale weiter durch staatliche Konjunkturprogramme am Laufen gehalten oder soll nun ein harter Schnitt erfolgen und gespart werden? Man muss dem Autor nicht völlig in seiner Interpretation zustimmen, aber lesenswert ist der Text allemal.

Nutznießer der Krise

Falsche Lösungen, fatale Folgen

Im Süden Europas wird gespart, bis es quietscht. Die Sozialsysteme werden immer weiter ausgehöhlt. Gleichzeitig formiert sich eine dynamische Protestbewegung. Diese wird aber wirkungslos bleiben, wenn der Norden nicht einen Politikwechsel einleitet, prophezeit Anton Landgraf.

Statt mehr Solidarität, wird in Deutschland, Finnland oder Österreich aber vor allem die Angst der Mittelschichten vor dem sozialen Absturz angeheizt. Oder anders formuliert: Die Deutungshoheit über die Krise, ihre »Schuldigen« und Opfer verschiebt sich immer weiter nach rechts. Denn nun gehe es vor allem darum, populistisch und reflexhaft nach unten zu treten, anstatt oben Reformen einzufordern.

Der Wert der Schulden

Die Ratingagenturen werden zum Sündenbock gemacht

Die Bewertung von Ratingagenturen steht in der Kritik – ihre negative Einschätzung der Bonität der Eurostaaten verteuert deren Rettung. Wieslaw Jurczenko kann diese Kritik in den Blättern für deutsche und internationale Politik nicht teilen: Denn auch eine europäische Agentur müsste unabhängig bleiben und das Resultat wird den europäischen Politikern ebenso wenig gefallen. Die Alternative sieht der Autor in einer grundlegenden Reform des Finanzmarktes. Solche Reformen, zu denen der Autor die Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken zählt, wurden bereits nach der Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre vorgenommen, aber seit der Präsidentschaft Ronald Reagans stückweise zurückgenommen. Bei der aktuellen Euro-Rettung könne der Bankensektor sich die Hände reiben, da die EZB die Rolle einer Bad Bank übernehme; die privaten Banken kommen bisher fast ungeschoren davon. Weiterlesen … »

Der Spitzenreiter schwankt

Steht China vor einer schweren Krise?

Die massiven Kredite zur Stützung der Konjunktur haben in China eine heftige Inflation ausgelöst. Insbesondere die Lebensmittelpreise sind im zweistelligen Bereich gestiegen. Diese Entwicklung trifft vor allem die ohnehin schlecht gestellten Wanderarbeiter, die nun akut von Hunger bedroht sind.

Doch auch in anderen Bereichen droht eine Verschlechterung der Lage. Die Kommunen sind hoch verschuldet und können ihre Kredite kaum noch bedienen. Gleichzeitig gibt es ernst zu nehmende Anzeichen dafür, dass der Immobilienboom zu einem unrühmlichen Ende kommt. Mit fatalen Folgen für Wachstum und Beschäftigung. Die wichtigste Stütze der weltweiten Konkunktur könnte so ins Wanken kommen.

Doppelte Krise

Japans Wirtschaft liegt am Boden

Tsunami und Erdbeben haben die Katastrophe im Atommeiler Fukushima I ausgelöst. Aber auch abgesehen von den unmittelbaren Schäden leidet die japanische Wirtschaft noch immer unter den Folgen. Der Agrarsektor in dieser Region kann seine kontaminierten Produkte nicht mehr verkaufen. Vor allem haben die Verwüstungen die Verkehrsinfratruktur getroffen; in zahlreichen Betrieben fehlen daher Rohstoffe und Vorprodukte – auch in jenen, die selbst gar nicht beschädigt wurden. Der zeitweise Ausfall von mehr als der Hälfte der AKW führt zudem zu einem Engpass bei der Energieversorgung.

Insgesamt ist die Industrieproduktion um mehr als 10 Prozent eingebrochen. Hinzu kommt, dass sie durch die weltweite Wirtschaftskrise auch schon vor der Katastrophe gesunken war. Mittlerweile bewegt sich die Gütererzeugung auf dem Niveau von 1987.

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