Zeitenwende in Europa?
Frankreich hat gewählt, François Hollande ist neuer französischer Staatspräsident. Trotz seiner Ankündigung, die europäische Sparpolitik in Frage zu stellen und Reiche stärker zu besteuern, gilt er nicht gerade als ein Revolutionär. Philip Stephens sieht ihn in der Financial Times gar als »moderaten Konservativen«, da er »das Modell der sozialen Marktwirtschaft aus dem Nachkriegseuropa zurückfordert«. Der Autor bezweifelt, daß Hollande sich gegen das Dogma der Sparpolitik durchsetzen kann:
Ob links oder rechts, ob mit oder ohne Euro, die Eliten an der Macht huldigen dem Altar der Sparpolitik. Regierungen dürfen sich hier ein bisschen schräg stellen, dort angedeutete Akzente setzen. Doch niemand wagt es, den Katechismus der Haushaltsdisziplin in Frage zu stellen.
Dem setzt Javier Valenzuela in El País entgegen, daß es Zeiten gebe, in denen schon gesunder Menschenverstand revolutionär anmute. Denn Hollande stemme sich gegen den wirtschaftspolitischen Selbstmord Europas, von der Sparpolitik verursacht. Diese sei das Resultat einer falschen Diagnose. Die Wachstumsschwäche Europas sei vielmehr das eigentliche Problem und nicht die Verschuldung. Weiterlesen … »
Zwang zur Selbstoptimierung
Als die Folgen der ausufernden Industriegesellschaft als Raubbau an Natur und Mensch in den 70er Jahren unübersehbar wurden, stellte sich erstmals einer breiten Öffentlichkeit die Frage nach den Grenzen des endlos scheinenden Wirtschaftswachstum. Trotz des erreichten Zenits der Ölförderung zählt Harald Welzer heute jedoch zu den eher wenigen Intellektuellen, welche dieses spezifische Fundament des Kapitalismus kritisieren.
Das fehlende Bewußtsein über die Grundlagen unseres modernen Lebens beruht auf der völligen Verinnerlichung und Affirmation des Wachstums – mit dieser Überlegung erweitert Welzer in zwei jüngst erschienenden Schriften in den Blättern und dem SZ-Magazin sein Forschungsgebiet von einer Wirtschafts- zu einer allgemeinen Gesellschaftskritik. Diese leitet er aus der Entwicklungsgeschichte des Kapitalismus der vergangenen 200 Jahre ab. So gelingt eine Kulturkritik, die viele Eigenschaften des Selbst- und Weltbildes des modernen Menschen herausschält: Dem im ewigen Werden der Waren- und Selbstproduktion gefangenen Menschen der Leistungsgesellschaft. Weiterlesen … »
Wege zum Wachstum
Wolfgang Storz, ehemaliger Chefredakteur der Frankfurter Rundschau, beschäftigt sich in der taz mit dem Aufstieg der Grünen Partei in Deutschland. Dieser Erfolg beruhe auf der öffentlichen Wahrnehmung der Gradlinigkeit in ihrer ökologischen Politik. Doch dabei handele es sich um einen Mythos, denn die Ökologie der Grünen entstand ursprünglich vor dem Hintergrund einer wachstumskritischen Haltung, die auch in anderen Parteien repräsentiert war. Doch diesen Standpunkt haben die Grünen längst zugunsten einer industriefreundlichen Politik aufgegeben: Weiterlesen … »
Doppelte Krise
Tsunami und Erdbeben haben die Katastrophe im Atommeiler Fukushima I ausgelöst. Aber auch abgesehen von den unmittelbaren Schäden leidet die japanische Wirtschaft noch immer unter den Folgen. Der Agrarsektor in dieser Region kann seine kontaminierten Produkte nicht mehr verkaufen. Vor allem haben die Verwüstungen die Verkehrsinfratruktur getroffen; in zahlreichen Betrieben fehlen daher Rohstoffe und Vorprodukte – auch in jenen, die selbst gar nicht beschädigt wurden. Der zeitweise Ausfall von mehr als der Hälfte der AKW führt zudem zu einem Engpass bei der Energieversorgung.
Insgesamt ist die Industrieproduktion um mehr als 10 Prozent eingebrochen. Hinzu kommt, dass sie durch die weltweite Wirtschaftskrise auch schon vor der Katastrophe gesunken war. Mittlerweile bewegt sich die Gütererzeugung auf dem Niveau von 1987.
Asiatische Giganten
In vielen Punkten ist China Indien weit voraus: Das BIP ist absolut genauso höher wie pro Kopf, es gibt weniger Analphabeten, solidere staatliche Finanzen und eine bessere Infrastruktur. Indien wiederum kann auf eine günstigere demografische Entwicklung und weitverbreitete Englischkenntnisse verweisen.
Langfristig ist aber klar, dass beide die Giganten der Zukunft sein werden. Schätzungen gehen davon aus, dass China die USA bereits in fünf Jahren als größte Wirtschaft der Welt ablösen werden. Deutschland haben beide ohnehin schon vor geraumer Zeit hinter sich gelassen. Weiterlesen … »
Lernfähig?
Irland und Großbritannien: Vorzeigeländer neoliberaler Wirtschaftspolitik sind bankrott. Auf die Gesellschaft kommen herbe Einschnitte zu. In einem Kommentar zum Schweizer Wachstumsbericht 2008 kritisiert Prof. Beat Bürgenmeier vom Schweizer Rat für Wirtschafts- und Sozialpolitik kontrapunkt drei grundsätzliche Annahmen des Neoliberalismus: Erstens, die Wirtschaft könne mit aktiver Wachstumspolitik positiv beeinflusst werden. Dabei bestimme doch die internationale Konjunktur maßgeblich das nationale Wachstum. Nationale Wirtschaftspolitik sei also weitestgehend machtlos. Zweitens, mehr sei besser, egal wie es verteilt wird:
Da kommt die immer im Brustton ausgedrückte Überzeugung zum Ausdruck, dass zuerst einmal erarbeitet werden muss, was verteilt werden kann. Diese Überzeugung ist an sich nicht falsch, aber ungenügend. Das zwanzigste Jahrhundert war geprägt von Verteilungskämpfen und es ging immer um die Verteilung der Produktionsgewinne. Je gerechter diese Verteilung wahrgenommen wird, desto motivierender wirkt sie für das Wirtschaftswachstum. Die Verteilung ist also nicht nur Konsequenz sondern auch Vorbedingung unseres Wirtschaftens.
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Falsche Richtung
Zwei schweizer Autoren haben sich mit der Frage befasst, worauf sich eigentlich die Wirtschaftspolitik gründet. Und das ist, wenig überraschend, die Idee vom Allheilmittel Wachstum. Doch dieses ist weder unbegrenzt möglich noch in allen Fällen hilfreich. Gelegentlich sogar direkt schädlich für die Gesellschaft als Ganze.
Auch Subventionen – weltweit handelt es sich dabei um hunderte Milliarden Euro – fördern keineswegs immer nur volkswirtschaftlich sinnvolle Entwicklungen. Einige besonders groteske Beispiele illustrieren das: So subventioniert Deutschland gleichzeitig Atomstrom, Kohlebergbau und erneuerbare Energien. Oder die Schweiz Fleischproduktion und die Aufklärung der Verbraucher vor zu viel Fleischkonsum. Weiterlesen … »
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