Presseschau Beiträge von Joséphine Glenz

Kein Durchkommen

Die Polizei verstößt bei Kundgebungen gegen Pressefreiheit
Polizei beim Castor-Einsatz Ende 2011
Polizei beim Castor-Einsatz Ende 2011 Bild von cephir

Gewalt durch Polizeibeamte ist ein Thema, dem sich Medien in Deutschland erst in den vergangenen zwei Jahren verstärkt angenommen haben. Dazu beigetragen hat eine Kampagne von Amnesty International, welche die zahlreichen Fälle von unangemessenem Verhalten anprangerte. Dass Gewalt durch den Staat häufig auch Medienvertreter in Deutschland trifft, zeigt ein Beitrag von NDR Zapp über den Transport der Castor-Behälter nach Gorleben. Dabei ist direkte Gewalt nicht einmal der Kernkritikpunkt, sondern die Behinderung der Medienarbeit: Journalisten werden nicht durchgelassen, grob behandelt, Fotografen gar zum Löschen ihrer Fotos gezwungen. Bei dieser Einschränkung der Pressefreiheit wird auch ein autoritärer Geist vieler Beamter sichtbar.

Schwarz-weiß in Farbe

Unterschwelliger Rassismus bei der Rollenbesetzung im Fernsehen
Schwarz-weiß in Farbe
Bild von brizzle born and bred

Bei der Mordserie an in erster Linie türkischen Gewerbetreibenden vermutete die Polizei lange Zeit einen mafiösen Hintergrund, und saß somit einem Klischee auf. Diese Form von Alltags-Rassismus durchzieht unsere Gesellschaft: Dies wird an dem Beitrag »Migrantin oder Dealer« von Zapp deutlich, der die Rollenbesetzung von Schwarzen im Fersehen thematisiert. Besonders krass zeigt sich ein koloniales Weltbild bei romantischen Spielfilmen, die das deutsche Fernsehen in Afrika dreht und in denen die Rolle vom weißen Herrscher und schwarzen Diener gespielt wird. So beklagen sich deutsche Schauspieler mit dunkler Hautfarbe über das schlechte Rollen-Angebot, das sie auf dem Markt erhalten. Selten seien das normale Rollen wie Lehrer oder Arzt. Die interviewten Schauspieler meinen allerdings, daß die deutsche Gesellschaft hier längst weiter sei als die Fernsehproduktion.

Die netten Nachbarn mit dem Schlagstock

Die Hells Angels versuchen sich in der Provinz anzubiedern
Als Männer noch echte Männer waren: Rocker-Treffen in Berlin 2008
Als Männer noch echte Männer waren: Rocker-Treffen in Berlin 2008 Bild von Kris*M

Das öffentliche Bild bestimmt die Wahrnehmung: So versuchen die Mitglieder von Rockerbanden ein möglichst furchteinflößendes Bild zu vermitteln, um einzuschüchtern. Ihre Verstrickungen in organisierte Kriminalität – ob Menschen- oder Drogenhandel – sind bekannt und führen zu Ablehnung und Fahndungsdruck. Daher soll neben dem schlagfertigen Rocker zunehmend ein positives Bild des wohltätigen Spenders erzeugt werden. Insofern haben sich Mitglieder der Hells Angels die PR-Strategie von Großunternehmen abgeschaut, die Greenwash betreiben. Ein Beitrag des NDR zeigt, wie die Mär von freundlichen Rocker-Nachbarn in der Provinz beinahe verfängt; wären in Walsrode in der Lüneburger Heide nicht einige Bürger, die sich gegen die Vereinahmung von Stadt und Fußball-Verein zur Wehr setzen. So können Zivilcourage und investigativer Journalismus dem bürgerlichen Anstrich der Rocker einen Strich durch die Rechnung zu machen. Dagegen biedern sich Prominente wie der Werner-Zeichner Rötger Feldmann oder der Schauspieler-Darsteller Ben Becker bei den Kutten-Trägern an. Nicht umsonst ist die Hannoveraner Abteilung des Vereins in Deutschland am einflußreichsten: Dort ist ihr Anführer Frank Hanebuth bestens mit lokaler Politik und Wirtschaft vernetzt: Der berühmt-berüchtigten Hannover-Connection.

Am Rande der Weltöffentlichkeit

Entwickelt sich die Revolution im Jemen zum Stammeskonflikt?
Sit-In in Sana'a im März
Sit-In in Sana'a im März Bild von Sallam

Die schwelende Revolution im Jemen wird in der Berichterstattung von den Unruhen und Umstürzen in anderen arabischen Ländern überlagert. Ali Abdullah Saleh weigert sich, von der Macht zu lassen und somit den Weg für einen Kompromiß frei zu machen. Das Land ist bereits seit langem von zahlreichen inneren Konflikten und Widersprüchen geprägt. Die Zentralregierung hat nie die völlige Gewalt über das Territorium gehabt. Im Westen dagegen überwiegt die Angst vor Terrorismus über einem wirklichen Interesse am Schicksal Jemens.

Während Hans-Michael Ehl im Deutschlandfunk einen aktuellen Überblick zur Lage bietet, beschäftigte sich Mareike Transfeld auf dem von Regional-Fachleuten betriebenen Blog Al Sharq mit dem Konflikt zwischen dem Präsidenten und der Familie Al-Ahmar; schließlich ist Jemen ein von Stammesstrukturen geprägtes Land. Die Geschichte des brüchigen Macht-Gleichgewichts wird hier aufgerollt. Die Proteste auf der Straße richten sich dabei sowohl gegen neue als auch alte Stammes- oder Militärregierungen. Weiterlesen … »

Angeleiteter Terror

Verstrickungen von Geheimdiensten in terroristische Strukturen haben in Deutschland eine lange Geschichte

Da die Ermittlungen zur atemberaubenden Anschlagserie der Gruppe namens Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) noch laufen und dabei ständig neue Aspekte an Licht kommen, fällt eine Einordnung bislang schwer. Die Zeit führt in ihrer aktuellen Ausgabe einige handfeste Indizien für eine Verwicklung von Behörden in den Fall an: Dabei sticht besonders der vormalige Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes Helmut Roewer hervor, dem rechtsradikale Positionen nachgesagt werden. Den Einstieg in die radikale rechte Szene fanden einige der NSU-Mitglieder allerdings im Thüringer Heimatschutz, der von einem V-Mann eben dieses lokalen Verfassungsschutzes (VS) aufgebaut wurde. Daß der VS – entgegen seinem Auftrag zur Beobachtung staatsfeindlicher Gruppierungen – gezielt terroristische Strukturen aufgebaut und gefördert hat, daran erinnert auch Eren Güvercin auf Telepolis anhand einiger islamistischer Gruppen: So wurde die berühmt-berüchtigte Sauerland-Gruppe von einem Hassprediger instruiert, der auf der Gehaltsliste der Geheimdienstler stand. Weiterlesen … »

Ferngesteuerter Krieg?

Über einen Prozess gegen zwei Ruander, die Rebellen im Kongo von Deutschland aus befehligt haben sollen
Flüchtlingslager in Nord-Kivu im Kongo
Flüchtlingslager in Nord-Kivu im Kongo Bild von United Nations Photo

Seit Mai wird vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht gegen zwei Ruander verhandelt. Ihnen wird vorgeworfen, als Anführer der Rebellengruppe FDLR von Deutschland aus schwere Menschenrechtsverletzungen im Kongo koordiniert und befohlen zu haben. Der Prozeß ist in Deutschland ein Novum im Völkerrecht als erster nach dem 2002 eingeführten Völkerstrafgesetzbuch. Die Beweisführung ist schwierig und beruht auf abgefangenen Telefongesprächen und E-Mails sowie auf Zeugenaussagen, um sie als Schreibtischtäter zu überführen. Der Katalog der Anklage beinhaltet das ganze Arsenal eines schmutzigen Bürgerkrieges: Folter, Mord, Sklaverei, Plünderungen und Vergewaltigung. Sowohl der Koordinierungskreis Straflosigkeit von amnesty international als auch die taz berichten umfangreich über den Prozess.

Porträt eines gewieften Verkäufers

Eine Dokumentation über den umstrittenen US-Präsidenten Ronald Reagan
Zum Säulenheiligen stilisiert: Ronald Reagan
Zum Säulenheiligen stilisiert: Ronald Reagan Bild von freshwater2006

Ronald Reagan, US-Präsident von 1981 bis 1989, ist die Ikone der amerikanischen Konservativen schlechthin. Eine Dokumentation von Eugene Jarecki klärt über einige Aspekte seiner Biographie auf. Sein Weg in die Politik als eher zweitklassiger Schauspieler ging über die Gewerkschaft der Schauspieler und ein Werbeengagement für General Electric. Dadurch erlebte der Sohn aus armen Verhältnissen einen Wandel vom liberalen Demokraten zum äußerst konservativen Republikaner, indem er sein Talent zur öffentlichen Rede entdeckte. Schon in der Gewerkschaft bespitzelte er seine Kollegen und verriet allzu kritische Köpfe in der McCarthy-Ära an das FBI. Insofern verrät sein Aufstieg einen gewissen Opportunismus, gleichwohl er sich später als starker Mann inszenierte, der im Zweifel mit aller Gewalt amerikanische Interessen vertritt. Weiterlesen … »

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