Presseschau Staatshaushalt

Falsche Richtung

Wirtschaftswachstum und Subventionen

Zwei schweizer Autoren haben sich mit der Frage befasst, worauf sich eigentlich die Wirtschaftspolitik gründet. Und das ist, wenig überraschend, die Idee vom Allheilmittel Wachstum. Doch dieses ist weder unbegrenzt möglich noch in allen Fällen hilfreich. Gelegentlich sogar direkt schädlich für die Gesellschaft als Ganze.

Auch Subventionen – weltweit handelt es sich dabei um hunderte Milliarden Euro – fördern keineswegs immer nur volkswirtschaftlich sinnvolle Entwicklungen. Einige besonders groteske Beispiele illustrieren das: So subventioniert Deutschland gleichzeitig Atomstrom, Kohlebergbau und erneuerbare Energien. Oder die Schweiz Fleischproduktion und die Aufklärung der Verbraucher vor zu viel Fleischkonsum. Weiterlesen … »

Die neue Politik

Wie man Wähler behalten will, ohne sie zu vertreten

Als die Finanzkrise vor einem Jahr ihren Höhepunkt erreichte, forderte ein gesellschaftlich breites Bündnis aus Verbänden, NGOs, Gewerkschaften, kirchlichen und privaten Wohlfahrtsorganisationen, Finanztransaktionen zu besteuern. Anders als auf althergebrachte Arten von Handel sind darauf bis heute keine Steuern fällig. Bei dem Versuch, diese Stimmen einzufangen, verkündeten die Kanzlerin und der Finanzminister lauthals, nicht zu ruhen bis eine solche Finanztransaktionssteuer (FTS) eingeführt sei. Beim CDU-Wirtschaftsrat bemerkt der Finanzminister dann, dass er »kein Freund« der FTS sei. Vor zwei Wochen nun wurde das Vorhaben beim Rat der EU-Finanzminister auf unbestimmt vertagt, wird also verschleppt.

Auch dafür kann die EU gut sein: Sich bei den Wählern empfehlen, indem man vorgeblich deren Forderungen in seine politische Agenda aufnimmt und dieses Projekt dann eine Ebene höher in Brüssel scheitern lässt. Somit kann man die ungewollte Finanztransaktionssteuer verhindern, gleichzeitig aber die Anwaltschaft seiner potentiellen Wähler vortäuschen, schließlich hätte man es ja versucht, die Schuld für das Scheitern liege bei der EU.

Eine Frage der Perspektive

Die Wirtschaftsentwicklung in Griechenland

Für die einen ist es eine grandiose Erfolgsgeschichte, die mit klaren Zahlen untermauert wird: Seit dem Beginn der Sparmaßnahmen ist etwa das griechische Haushaltsdefizit um 46% gesunken. Damit wurden die Auflagen der internationalen Kreditgeber sogar übererfüllt. Andererseits stieg die Arbeitslosigkeit, und die Einkommen der Beschäftigten sanken um etwa 20%.

Selbst konservative Wirtschaftsanalysten rechnen mit einer lang anhaltenden, tiefen Rezession. Hochrechnungen des Gewerkschaftsdachverbandes GSEE zufolge wird das Einkommen der Griechen in Kürze auf das Niveau von 1984 zurückgefallen sein.

Wer finanziert den Staat?

Eine Materialsammlung

Steuern und Abgaben sind immer wieder ein kontrovers diskutiertes Thema. Doch wer zahlt eigentlich am Ende tatsächlich wie viel? Das ist bei einem so komplexen Steuersystem wie dem deutschen nicht so einfach zu ermitteln. Wolfgang Lieb von den Nachdenkseiten hat sich einmal die lobenswerte Mühe gemacht, entsprechendes Material zusammenzutragen. Und kommt dabei zu interessanten Ergebnissen:

Der Anteil der Steuern, die vor allem die Bezieher mittlerer und niedriger Einkommen aufbringen, ist in den vergangenen Jahrzehnten ständig gewachsen. Solche mittlere und niedere Einkommen erbrachten 1960 knapp 38 Prozent des gesamten Steueraufkommens. 2006 waren es bereits 70 Prozent. Der Anteil aller Gewinnsteuern sank im gleichen Zeitraum von 35 auf 20 Prozent.

Krisenzyklus

Ein Kommentar zur unbelehrbaren Marktgläubigkeit

Mit einem gewissen Entsetzen betrachtet Robert Skidelsky, emeritierter Professor der Universität von Warwick, die europäischen Sparbemühungen. Sie zeigten, daß das Dogma der effizienten Märkte trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht überwunden ist. Nur einige wenige Keynesianer stellten sich der »wilden Flucht zu Sparmaßnahmen entgegen«. Skidelsky zeigt die Denkfehler der nach wie vor herrschenden Lehre auf:

Nur wenn wir anfangen, die Wirtschaft in einem keynesianischen Rahmen zu diskutieren, sind wir nicht zu einer Serie von Krisen und Rezessionen verurteilt. Andernfalls kommt die nächste schneller, als wir denken.

Planungsgroteske und Kriminalroman

Wie ein Subventionsgrab am Nürburgring geschaufelt wurde
Spesenritter
Spesenritter

Ein Lehrbuchbeispiel für falsche Subventionspolitik ist die Rennstrecke Nürburgring. Nachdem diese aufgrund von Managementfehlern Verluste schrieb, wurde ein gewaltiger Erlebnispark geplant — ohne ein Finanzierungskonzept, ohne Investor. Dennoch wurde das Projekt gestartet; da sich die Planer des Rings und die Landesregierung in die Idee verrannt hatten, vertrauten sie fragwürdigen Investoren. Am Ende wurden 350 Millionen an Steuergeldern verschleudert. Der Finanzminister mußte zurücktreten, die Landesregierung von Kurt Beck stellte sich als inkompetent heraus. Dabei wurde in Bremen mit dem Space Park bereits ein ähnliches Luftschloß gebaut. Eine Reportage des WDR und des SWR von Christoph Würzburger stellt die Planungsgroteske anschaulich dar.

Niedrige Steuern, kaum Wachstum

Eine verfehlte Politik seit 1998

Die Steuersenkungen der letzten 12 Jahre bescherten Deutschland allein 2010 Mindereinnahmen von über 50 Mrd. Euro. Besonders die Absenkung des Spitzensatzes der Einkommensteuer, aber auch andere kapitalfreundliche Reformen sind hierfür verantwortlich. Gleichzeitig schrumpften die Ausgaben real sogar geringfügig, was sich auch in einer schwachen Investitionstätigkeit des Staates niederschlägt. Insgesamt habe diese Politik aber auch nicht das private Wachstum stimulieren können und sei somit gesamtwirtschaftlich verfehlt – von der Gerechtigkeitsfrage einmal ganz abgesehen.

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