Presseschau Wirtschaft

Hinter den Kulissen

Die Arbeitsbedingungen bei Paketzustellern
Hinter den Kulissen
Bild von J-Cornelius

Täglich werden in Deutschland zehn Millionen Pakete von etwa 50.000 Zustellern ausgeliefert. Viele von ihnen sind bei Subunternehmen der großen Logistikunternehmen angestellt. Die Branche boomt, da immer mehr Kunden ihre Bestellungen online tätigen – ein erheblicher Teil der Pakete sind von Amazon und Co.

Die Bedingungen für die Beschäftigten hat Reinhard Schädler undercover untersucht, bei einem Auftragnehmer von DHL. Sie sind katastrophal. Das beginnt schon mit einem einwöchigen Praktikum vor Einstellung, natürlich unbezahlt. Trotz eines zu Anfang in Aussicht gestellten höheren Lohns beträgt dieser dann 1.200 Euro brutto, bei ca. 55 Stunden Arbeitszeit wöchentlich und befristetem Vertrag mit Probezeit. Die Zusteller arbeiten unter permanentem Druck: einmal durch die zu erfüllenden Quoten bei der Ablieferung, außerdem durch die Überlastung. Pausen sind fast unmöglich, Überstunden werden nicht vergütet. Als Schädler beim Chef in Sachen Betriebsrat vorspricht, erhält er prompt seine Kündigung.

Konfusionen und Interessen

Zu den Ergebnissen des EU-Gipfels
Konfusionen und Interessen
Bild von europeanpeoplesparty

Die Kommentatoren beschäftigten sich aus zwei Gründen mit den jüngsten Entscheidungen: Zum einen wegen der beschlossenen Fiskalunion, zum anderen wegen des Neins der Briten. Die neuen Regeln werden dabei weitgehend positiv bewertet, etwa von Spiegel Online – die FTD dagegen glaubt, sie seien zwar richtig, aber nicht nachhaltig genug. Die FAZ weist darauf hin, dass sie weitaus gravierender sein werden, als bislang bekundet – denn die Finanzpolitik habe entscheidende Bedeutung.

Großbritanniens Sonderpolitik wird dagegen eher skeptisch aufgenommen. Der Tenor lautet herbei, das Land wäre zwar grundsätzlich willkommen in der EU, nicht aber mit seiner permanenten Blockadehaltung. Nur in Teilen wird darauf verwiesen, Camerons Haltung sei der Londoner Finanzbranche geschuldet. Und das, obwohl selbst Außenminister William Hague explizit darauf verwiesen hat, wie die Tagesschau zitiert. Die junge Welt erklärt das britische Unbehagen so: Die Banken der Londoner City würden penibel auf ihre unregulierte Sonderrolle achten, die Industrie dagegen habe jenseits des Kanals schon lange ihre Bedeutung verloren. Deshalb könne man auf den europäischen Absatzmarkt für deren Produkte eher verzichten als auf die liberale Politik gegenüber der Finanzbranche. Weiterlesen … »

Vielen Dank für die Blumen

Die Rosenproduktion in Kenia veranschaulicht die Globalisierung
Der Naivashasee wird bei der Rosenproduktion durch Abwässer belastet
Der Naivashasee wird bei der Rosenproduktion durch Abwässer belastet Bild von Joe Hall

Globalisierung bedeutet, daß die Waren- und Produktionsketten zunehmend über den ganzen Globus verteilt sind. Die Verbraucher können die Herstellungsbedingungen selten überprüfen. Daher bleibt die Globalisierung für viele ein eher schwammiger Begriff. Exemplarisch sichtbar wird diese Veränderung in einer Dokumentation von Michael Richter. Er folgt der Spur der Rosen, die in Kenia für den Weltmarkt angebaut werden und per Flugzeug über Holland in den europäischen Handel kommen. Traditionelle Rosenzüchter in der Elbmarsch geben mittlerweile ihr Geschäft auf, weil sie zu den Preisen nicht konkurrenzfähig sind. In Kenia kann das ganze Jahr über angebaut werden. Doch neben der Verlagerung der Produktion gibt es auch andere Kehrseiten: So zahlt die Rosenindustrie den Angestellten in einigen Betrieben wie dem Konzern Katuri einen Hungerlohn und läßt sie ungeschützt mit Pestiziden arbeiten. Abwässer werden ungeklärt in den Naivashasee geleitet, bis dessen Ökosystem umkippt. Weiterlesen … »

Eine Provinz steht auf

In Peru kämpfen Bewohner gegen eine Mine
Tagebergbau in Yanacocha
Tagebergbau in Yanacocha Bild von Participatory Learning

Vor kurzem erst ist Ollanta Humala zum Präsidenten Perus gewählt worden. Unter anderem wegen seines Versprechens, die Bedürfnisse der Bevölkerung mehr zu respektieren. In der Provinz Cajamarca haben sich die Bewohner mit großangelegten Aktionen gegen die Ausweitung des Goldbergbaus gewendet, weil dadurch das Wasser verschmutzt und ihre Lebensgrundlagen gefährdet werden. Besonders die eingesetzte Chemie, mit der das Gold vom Gestein getrennt wird, ist extrem umweltschädlich. Mit einem Generalstreik und Demonstrationen versuchen sie, sich Gehör zu verschaffen.

Die Regierung beharrt aber auf dem Projekt, das nur kurzzeitig ausgesetzt werde. Denn es gehe um die Entwicklung des Landes, argumentiert sie. Die Menschen vor Ort sehen das freilich anders, denn auch in der Vergangenheit profitierten sie kaum vom Abbau der Ressourcen, obwohl die Goldmine Yanacocha die zweitgrößte der Welt ist. Es handelt sich damit um einen für Lateinamerika typischen Konflikt zwischen den sozialen Bewegungen einerseits und Rohstoffunternehmen andererseits. Die Regierung wiederum steht vor dem Problem, entweder ihre Wähler zu verprellen oder die Investoren. Der Ausgang des Streits ist noch offen.

Die Schere geht weiter auf

Eine Analyse zur Verteilung des Reichtums

Eine neue Studie kommt zu altbekannten Ergebnissen: Abgesehen von einer kurzen Trendwende während der Wirtschaftskrise sinkt die Nettolohnquote weiter. Das bedeutet, der Anteil der Arbeitnehmer am gesamten Einkommen nimmt ab, während die Einkünfte aus Vermögen steigen. Die Schere zwischen Armen und Reichen geht also weiter auf.

Schuld an dieser Entwicklung ist nach Claus Schäfer, dem Verfasser der Analyse und Chef eines gewerkschaftlichen Wirtschaftsforschungsinstituts, nicht zuletzt die ungerechte Steuerpolitik. Während die Steuern auf Arbeitseinkommen und Konsum weiter steigen, sinken jene auf Gewinne. Das zeigt sich besonders deutlich bei einer langfristigen Betrachtung. Der Anteil am gesamten Steueraufkommen von ersteren hat sich seit 1960 von 37,5% auf 71% erhöht, während letztere von 34,7% auf 19,5% gesunken sind. Damit wird aber nicht nur die Ungleichheit in der Gesellschaft verstärkt, sondern auch die wirtschaftliche Entwicklung gehemmt. Denn die zusätlichen Gewinne fließen nur begrenzt als Nachfrage in den Kreislauf zurück, ein Großteil wird dagegen mehr oder weniger spekulativ investiert. Das schafft kaum Arbeitsplätze, aber dafür umso mehr Finanzkrisen.

Spargroschen für Brot-Spekulation

Auch Volksbanken und Sparkassen bieten Fonds mit Lebensmittel-Spekulationen an
Die Chicago Mercantile Exchange (CME) gilt als einer der wichtigsten Handelsorte für Lebensmittel weltweit
Die Chicago Mercantile Exchange (CME) gilt als einer der wichtigsten Handelsorte für Lebensmittel weltweit Bild von milletre

Spekulation mit Lebensmitteln treibt die Weltmarktpreise nach oben, derzeit stehen sie auf einem Allzeithoch. Diese Preise treiben auch den Hunger in der Welt an, insbersondere bei den Menschen, die einen Großteil ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben müssen.  Dahinter steckt nicht immer der böse Spekulant in Frankfurt, London oder New York. Denn auch Sparkassen und Volksbanken bieten Fonds an, die Lebensmittel beinhalten, recherchiert Report aus Müchnen. Die betroffenen Institute versuchen sich herauszureden.

Hier ist offenbar Aufklärung vonnöten. Der eigentliche Skandal dürften aber die unregulierten Märkte für Grundnahrungsmittel sein: Das Problem als eine Frage individueller Moral zu thematisieren, wird die Spekulation zwar nicht eindämmen, jedoch ein Bewutsein beim Verbraucher schärfen. Auf den Anteil der Banken am Hunger durch entsprechende Anlageangebote hat zuvor auch eine Kampagne von foodwatch aufmerksam machen wollen. Einen ebenso verschärfenden Einfluß hat die verfehlte Handelspolitik der Europäischen Union.

Aus Fehlern lernen?

Ein Vergleich zwischen 1931 und 2011
Aus Fehlern lernen?
Bild von Images_of_Money

Fabian Lindner weist auf einige bemerkenswerte Parallelen der aktuellen Situation mit der Weltwirtschaftskrise hin. Nur die Rollen sind anders verteilt. Hier das im Ausland überschuldete, von Sparprogrammen drangsalierte Griechenland, dort der uneinsichtige Gläubiger Deutschland, der weder genug Geld zur Verfügung stellt, noch den Griechen eine Erwirtschaftung der notwendigen Erlöse ermöglicht. 1931 war Deutschland dieser Schuldner und die USA sorgten mit ihrer fatalen Politik für eine Verschärfung der Krise. Das Resultat war nicht nur großes Elend und Massenarbeitslosigkeit, sondern auch der kometenhafte Aufstieg der vermeintlichen Heilsbringer von rechts.

Man mag über manche Details streiten, etwa darüber, ob die Deflationspolitik des Reichskanzlers Brüning damals tatsächlich alternativlos war. Ein historischer Vergleich bietet sich dennoch an – und sensibilisiert für die möglicherweise katastrophalen Folgen, wenn die aktuelle politische Linie der Bundesregierung beibehalten wird. Ein Umdenken scheint unausweichlich.

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