Presseschau Al-Qaida

Gespaltene Abspaltung

Im de facto unabhängigen Norden Malis eskaliert der Konflikt
Die Stadt Gao wurde mittlerweile von den Islamisten der AQIM eingenommen
Die Stadt Gao wurde mittlerweile von den Islamisten der AQIM eingenommen Bild von ju-yaovi

Im Norden Malis ist eine unabhängige Region entstanden, deren Status völlig ungeklärt ist. So wurde der Kampf der Tuareg um Unabhängigkeit durch heimkehrende Söldner aus Libyen und einer Waffenflut auf dem Schwarzmarkt erst befeuert. Daneben werden weite Regionen durch mehrere islamische Gruppen wie der Al-Qaida beherrscht. Diese Fraktionen bekämpfen sich zeitweise und ringen um die Macht in der dünn besiedelten Trockensavannen- und Wüstenregion. Bislang mangelte es an Reporten darüber. Olivier Joulie und Laurent Hamida sind zwei Wochen als eingebettete Journalisten gemeinsam mit Soldaten der »Nationalen Bewegung für die Befreiung des Azawad« (MNLA) durch die Region gereist und haben daraus einen Film für Arte gedreht. Ihr Blick, so bekennen sie im anschließenden Interview, ist durch diese Berichterstattung gefiltert. Doch ohne Schutz ist der Aufenthalt zu gefährlich. Die Abneigung der Tuareg-Kämpfer gegen die Islamisten der AQIM ist dabei ständig spürbar. Der Kampf für Unabhängigkeit wird mit Vertreibungen und Verbrechen der Malischen Armee begründet. Diese neue Freiheit wird jedoch durch die Kämpfe im Inneren in Frage gestellt.

Im Wert gesunken

Politische Implikationen von Bin Ladens Tod

Der renommierte Islamwissenschaftler und Dschihad-Experte Olivier Roy zeigt auf, welche Implikationen der Tod Osama Bin Ladens politisch hat. Wie auch von anderen Fachleuten geäußert, geht er davon aus, dass Bin Laden unter dem Schutz des pakistanischen Sicherheitsapparats stand und nun von diesem fallen gelassen wurde. Für die Pakistanis, so Roy, war Bin Laden inzwischen zu einer Belastung geworden, statt nutzbares politisches Kapital zu sein. Warum? Weiterlesen … »

Doppelspiel am Hindukush

Das pakistanische Militär und Al-Qaida
Letzte Zuflucht Abbottabad: Was wußte der ISI? <br/>Foto von geoaxis
Letzte Zuflucht Abbottabad: Was wußte der ISI? Foto von geoaxis

Daß der Kampf gegen radikal-islamistischen Terrorismus etwas komplexer ist als das Bild des Ultra-Bösewichts Osama Bin Laden, wurde durch die Tötung des Spiritus Rector der Al-Qaida allzu deutlich. Daß das pakistanische Militär, der eigentliche Machthaber im Staate, die Taliban mit aufgebaut und unterstützt hat, war zumindest Regionalexperten bekannt. Somit wurden Bin Ladens vormalige Gastgeber, die Taliban, als strategisches Bollwerk von einem pakistanischen Militär gehalten, das wiederum  Milliardensummen aus den USA erhielt. Etwas unklarer ist das Verhältnis der Pakistaner und des Nachrichtendienstes ISI zur Al-Qaida; auch wenn nun sichtbar geworden ist, daß zumindest eine Fraktion des Militärs Bin Laden deckte, aus welchen Motiven auch immer. Einige Hintergründe erläutern die Regionalexperten Michael Pohly und Christian Wagner im Interview.

Der Schrecken als Lifestyle

Al-Qaida bedroht die Lachmuskeln
Dschihad in Hochglanz
Dschihad in Hochglanz

Das sogenannte Terrornetzwerk Al-Qaida hat nicht nur die Feinde des Westens inspiriert, sondern auch dessen Satiriker. Dabei liefern sich die orientalischen Mordgesellen ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit westlichen Sicherheitsdiensten. Nun hat Al-Qaida einen neuen Scoop gelandet: Ein Hochglanzmagazin mit dem Namen »Inspire« erzählt munter im Home-Story-Stil von den jüngsten Erfolgen. Weitere Attentate auf die Lachmuskeln des Publikums sollen geplant sein – noch hat das Bundesinnenmisterium keine Humorwarnung herausgegeben.

Andauernder Bürgerkrieg

Eine Reportage aus Somalia
In Burundi und anderen afrikanischen Staaten bildet amerikanisches Militär für den Einsatz in Somalia aus
In Burundi und anderen afrikanischen Staaten bildet amerikanisches Militär für den Einsatz in Somalia aus

Seit 20 Jahren herrscht in Somalia Bürgerkrieg; dieser forderte eine Million Todesopfer und trieb weitere Millionen in die Flucht. Ein seltener Gast am Horn von Afrika war im Herbst vergangenen Jahres der Journalist Ashwin Raman – zu gefährlich ist die Lage für Reporter. In seiner Fernsehreportage entsteht ein lebhaftes Bild der traurigen somalischen Realität. Die von den USA und einigen afrikanischen Staaten gestützte »Regierung« unter Sheik Sharif Ahmed kann sich trotz besserer Bewaffnung nicht gegen die islamische Al-Shabab durchsetzen; die Kämpfe dauern in vielen Landesteilen an. Die Hauptstadt Mogadischu liegt in Trümmern, die Versorgungslage der Bevölkerung ist äußerst schlecht und hängt von unregelmäßigen Hilfslieferungen der Welternährungsorganisation ab. Weiterlesen … »

Taumeln am Abgrund

Der Journalist Tariq Ali besucht den krisengeschüttelten Jemen
Shibam: "In dieser Stadt wurden kürzlich vier südkoreanische Touristen getötet, als sie die Stadt von einem Hügel aus fotografieren wollten." <br/>Foto von Raphaël Fauveau
Shibam: "In dieser Stadt wurden kürzlich vier südkoreanische Touristen getötet, als sie die Stadt von einem Hügel aus fotografieren wollten." Foto von Raphaël Fauveau

Der als Unterhosenbomber bekannt gewordene Nigerianer Umar Farouk Abdulmutallab hat dem Jemen einen kurzen Zeitraum  der Aufmerksamkeit in den westlichen Medien geschenkt – da er mutmaßlich nahe der Hauptstadt Sana'a für den Anschlag ausgebildet wurde. Allerdings war die Berichterstattung von kurzer Dauer, und hat wenig zur Aufklärung beigetragen: weder zum radikalen politischen Islam noch zur Geschichte und der Probleme des Landes im Südwesten der arabischen Halbinsel. Insofern ist die Reportage des britischen Journalisten und Historikers Tariq Ali umso lesenswerter. Für den zunächst im London Review of Books, nun auf Deutsch in der Le Monde diplomatique erscheinenden Beitrag reiste er in den Jemen und befragte zahlreiche Politiker und Journalisten. Weiterlesen … »

Wedelt der Schwanz mit dem Hund?

Eine BBC-ZDF-Koproduktion zum Mythos Osama Bin Laden
 <br/>Foto von hiperkarma
Foto von hiperkarma

Eine Koproduktion vom ZDF und der BBC versucht, sich dem Mythos Osama Bin Laden anzunähern. Die kürzlich ausgestrahlte Sendung ist dabei erstaunlich offen für die unterschiedlichen Hypothesen zum Verbleib des Al Qaida-Chefs. So kommen verschiedene ehemalige Agenten und Funktionäre der CIA, ein ehemaliger Chef des pakistanischen Nachrichtendienstes ISI, Wissenschaftler und frühere Bin Laden-Anhänger zu Wort. Die Experten kommen zu unterschiedlichen Einschätzungen zur Echtheit der Audio- und Videobotschaften. Ebenso bleibt fraglich, ob Bin Laden überhaupt noch lebt. Sowohl westliche Staatsführungen als auch die Dschihadbewegung hätten ein Interesse an seinem Fortleben als Mythos und als Feindbild, so verschiedene Stimmen in der Dokumentation. Die Flucht aus Tora Bora hätte verhindert werden können.

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