Presseschau Staat und Wirtschaft

Stehen bleiben

Rußland ohne Mut zur wirtschaftlichen Modernisierung
Papierfabrik am Baikalsee <br/>Foto von hegtor
Papierfabrik am Baikalsee Foto von hegtor

Fern von Moskau sind die strukturellen Probleme Rußlands unübersehbar. Die Wirtschaft vieler Orte verläßt sich auf einen einzigen Industriesektor – oft mit veralteter Technologie, die nicht konkurrenzfähig ist und die Umwelt belastet. Der Premier Wladimir Putin subventioniert viele dieser Werke und verwässert Umweltauflagen aus Angst vor Aufständen und Widerstand der Bevölkerung in der Wirtschaftskrise. Dies wird exemplarisch deutlich an einer Papierfabrik am Baikalsee in Sibirien, wie der ARD Weltspiegel zu berichten weiß. An diesem Beispiel analysiert auch eine Reportage des Handelsblattes die Unfähigkeit zu einer wirtschaftlichen Modernisierung.

Verkaufen statt helfen

Deutschlands Finanzpolitik in der Kritik

Am Beispiel Griechenlands wird Deutschlands Rolle in der EU besonders deutlich, meint die junge Welt. Die restriktiven Kriterien zur Vergabe von Hilfskrediten an finanzschwache Mitglieder verstärken den deutschen Einfluß nicht unerheblich. Diese Politik dient nicht der Solidarität innerhalb der Gemeinschaft, sondern lediglich den Sonderinteressen der Bundesregierung und der hiesigen Wirtschaft. Entsprechend harsch und einhellig fiel die Kritik aus.

Interessant dazu sind einige Fakten: Die Exportüberschüsse der BRD gegenüber dem Euroraum betragen ca. 100 Milliarden € – die Nettozahlungen an die Gemeinschaft dagegen lediglich 8,8 Mrd. € pro Jahr.

Gegenüber dem Wall Street Journal (WSJ) erinnerte der Direktor des Londoner Thinktanks »Center for European Reform«, Charles Grant, an Helmut Kohls Versprechen, wonach es künftig »ein europäisches Deutschland und kein deutsches Europa« geben werde. Die Zeiten ändern sich.

Technik statt Öl

Russland orientiert sich neu
 <br/>Foto von Klad-rnd
Foto von Klad-rnd

Russland wurde wegen seiner Abhängigkeit von den internationalen Rohstoffpreisen durch die Weltwirtschaftskrise besonders hart getroffen: das Bruttoinlandsprodukt sank 2009 rapide, gleichzeitig stieg die Arbeitslosigkeit. Nun hat die politische Führung des Landes in enger Abstimmung mit den schwerreichen Oligarchen einen langfristig angelegten Kurswechsel angekündigt. Statt dem Export von Bodenschätzen sollen künftig auch Technologie und Forschung für Wohlstand sorgen.

Erste Projekte sind schon angelaufen, wie die Produktion von Hybridautos in Togliatti oder die Planung einer neuen High-Tech-Stadt.

Instrumente des Handelns

Ein Katalog von Steuerungsinstrumenten des Schuldenabbaus

Tobias Aigner und Thomas Schmoll präsentieren in der Financial Times Deutschland sechs Wege, wie Staaten ihre Schulden wieder loswerden können. Diese stellen ein breites politisches Spektrum dar: Von Entschuldung durch Inflation und Besteuerung Vermögender bis zu Subventionsabbau, Ausgabenkürzung und Veräußerung von Staatseigentum.

Alter Wein in neuen Schläuchen

Was tut der Staat in der Krise?

Eine ganze Reihe von Publizisten ist seit den großen Finanzspritzen der westlichen Staaten der Meinung, im wirtschaftspolitischen Diskurs habe sich der Keynesianismus nun auf breiter Front durchgesetzt. Dem widerspricht Michael Jäger vehement: Tatsächlich handele es sich dabei lediglich um eine gewisse Anpassung der neoliberalen Vorstellungen. So sei nach wie vor der Glaube an die stimulierenden Effekte von Steuersenkungen weit verbreitet. Und von einer tatsächlichen Investitionstätigkeit des Staates, etwa im Sinn des sozial-ökologischen Umbaus, könne keine Rede sein.

Sparen ja - aber wie?

Portugals Alleingang

Neben Griechenland und Spanien muss auch Portugal eine drastische Verringerung des öffentlichen Haushaltsdefizits vornehmen. Anders als bei diesen sollen aber nicht die Mehrwert- und andere Verbrauchssteuern erhöht werden. Statt dessen plant die Regierung in Lissabon, den Spitzensteuersatz anzuheben und einen Teil der Börsengewinne abzuschöpfen. Das schont nicht nur die Mehrheit der Geringverdiener, sondern stabilisiert zudem die Binnennachfrage. Bemerkenswert und bisher andernorts kaum diskutiert ist die anvisierte Verringerung der Rüstungsausgaben um satte 40 Prozent.

Allerdings sind auch typisch neoliberale Maßnahmen wie Privatisierungen von - profitablen - Staatsbetrieben sowie Kürzungen bei Löhnen und Gehältern im Gespräch.

Export statt Nachfrage

Der Chor der Kritiker an der deutschen Wirtschaftspolitik wächst
Containerhafen Altenwerder <br/>Foto von Tobias Mandt
Containerhafen Altenwerder Foto von Tobias Mandt

Die Stimmen, die die deutsche Wirtschaftspolitik kritisieren, werden in Europa und Amerika immer lauter. Eine aggressive Exportorientierung – basierend auf einer starken Lohnzurückhaltung seit der Deutschen Einheit – setze die europäischen Nachbarstaaten enorm unter Druck, insbesondere da sie in der Eurozone ihre Währungen nicht abwerten können. Die mangelnde deutsche Binnennachfrage und die hohe Sparquote der Verbraucher verursache Verwerfungen über die Eurozone hinaus. Ralf Streck sammelte auf Telepolis die Stimmen der Kritiker.

Dagegen setzt sich Robert Kurz im Freitag mit dem europapolitischen Ränkespiel der deutschen Bundesregierung auseinander. Dieses habe zu Ziel, Axel Weber zum Chef der europäischen Zentralbank zu machen.

Eine EZB-Präsidentschaft von Axel Weber würde demnach durch eine harte Exit-Strategie flankiert, die demnach den meisten anderen Euro-Staaten zur Last fiele.

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