Presseschau Geschichte

Aus der Geschichte lernen

Chinas Regierung sucht Rat in der Vergangenheit
Potala Palast in Lhasa, Tibet <br/>Bild von ironmanixs
Potala Palast in Lhasa, Tibet Bild von ironmanixs

Der Tibet-Wissenschaftler Robert Barnett gibt einen historisch detaillierten Einblick in die politische Kultur Chinas: Offenbar verlässt sich die chinesische Regierung bei ihrer Analyse und Entscheidungsfindung unter anderem auf Präzedenzfälle, die sehr weit in der Vergangenheit liegen. So wird z.B. von chinesischer Seite vermutet, dass die Ankündigung des Dalai Lama, sich von der von ihm beanspruchten politischen Führung der Tibeter zurückzuziehen, eine Verschleierungstaktik darstellt, die schon einmal 1679 gegen sie angewendet wurde.

Damals verbarg der fünfte Dalai Lama geschickt den Zeitpunkt seines Ablebens vor dem chinesischen Kaiser, indem er die politische Führung an einen weltlichen Regenten übertrug und sich dadurch glaubhaft aus der Öffentlichkeit zurückzog. So verhinderte er, dass der chinesische Kaiser sich bei der Bestimmung des folgenden Dalai Lamas einmischen konnte. Damals wie heute sind die Bemühungen von chinesischer Seite, dessen Nachfolge festzulegen, von zentraler Bedeutung dafür, ihren Herrschaftsanspruch über Tibet zu legitimieren. So hat die chinesische Regierung 2007 ein Gesetz erlassen, dass nur sie die Reinkarnation des Dalai Lama auswählen dürfe. Weiterlesen … »

Eine Geschichte der Unterdrückung

Arabien als Opfer von Kolonialismus und Diktaturen

Schon die Osmanen beherrschten weite Teile Arabiens – mit harter Hand, aber durchaus auch mit Toleranz gegenüber den kulturellen Eigenheiten der jeweiligen Region. Die Europäer, allen voran das britische Weltreich, kümmerten sich noch weitaus weniger um die Bedürfnisse der Menschen. Bestimmend waren wirtschaftliche und geostrategische Interessen. Und dafür war man auch bereit zu falschen Versprechungen.

Trotz ihres antikolonialen Anspruchs setzten die nationalistischen Herrscher danach ebenfalls nur wenige ihrer Versprechen um. So etablierten sie zunehmend korrupte und autoritäre Regimes. Geheimdienste und Armee dominierten die Politik, die Wirtschaft geriet zum Selbstbedienungsladen der Eliten.

Anfang vom Ende der Trennung

20 Jahre nach der Apartheid

Vor 20 Jahren kündigte der damalige südafrikanische Präsident Willem de Klerk die Aufhebung der Gesetze zur Rassentrennung an. Er tat das weniger aus Einsicht, sondern wegen des innen- und außenpolitischen Drucks. Dennoch handelt es sich zweifellos um einen Meilenstein in der jüngeren Geschichte.

Allerdings bleibt Südafrika auch heute noch vielfach durch die Apartheid geprägt. Denn das Denken der Menschen lässt sich nicht so einfach ändern wie Gesetze. So sind Schwarze noch immer benachteiligt - sei es durch niedrige Bildung, Armut oder hohe Arbeitslosigkeit.

Wessen Freiheit?

Die FDP und der deutsche Liberalismus

Rainer Hank nimmt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die öffentliche Diskussion über die aktuelle Schwäche der FDP zum Anlass, einen Exkurs über die Geschichte des Liberalismus in Deutschland zu führen. Denn dessen Niedergang habe Tradition. Der negative Freiheitsbegriff, die Freiheit von der Macht des Staates, habe in Deutschland schon immer einen schweren Stand gehabt. Der Autor nimmt sich eine Rede des Liberalen Friedrich Naumann Anno 1901 zum Zeugen, um an die Neigung zum oberflächlichen und »phrasenhaften« im Liberalismus zu erinnern: Neben der Abgrenzung von positiver und negativer Freiheit darf »das marktwirtschaftliche Bekenntnis nicht mit einer per se wirtschaftsfreundlichen Grundhaltung verwechselt werden«. So hätte die FDP den gigantischen Steuergeldern, die den Banken zufloßen, widersprechen müssen. Gleichwohl läßt der Autor eine analytische Trennung von Wirtschaftsliberalismus und bürgerlichen Freiheitsrechten vermissen.

Alte Zeiten, gleiche Ängste

Schon die polnischen Einwander in das Ruhrgebiet erzeugten Fremdenangst

Lauscht man den deutschen Debatten zur Integration von Einwanderern, so kann man bisweilen den Eindruck gewinnen, zwischen Völkerwanderung und den Wellen der Arbeitsmigranten  — »Gastarbeiter« — habe es keine Migration in Deutschland gegeben. Der Historiker Christoph Kleßmann erzählt in der Zeit die Geschichte polnischer Einwanderer in das Ruhrgebiet im Kaiserreich, die in der aufstrebenden Kohle- und Stahlindustrie arbeiteten. Dabei handelte es sich um deutsche Staatsbürger aus den Teilen Polens, die sich Preußen bei der Aufteilung des Landes einverleibte. Argwöhnisch wurden diese vom »wilhelminischen Überwachungsstaat« beobachtet, der sie als aufwieglerisch fürchtete, auch wenn die Gewerkschaften tatsächlich eher Probleme hatten die deutsch-polnischen Arbeiter einzubinden. Weiterlesen … »

Im Auge des Terrors

Beiträge zur Kontroverse um den Linksterrorismus des Kalten Krieges

Regine Igel untersucht in einer dreiteiligen Serie auf Telepolis die Verbindungen des internationalen Linksterrorismus zur Staatssicherheit der DDR. Diese Verbindung von Terror und Nachrichtendiensten sei seit Mitte der 90er Jahre in der Zeitgeschichtsschreibung in den Hintergrund getreten – zu delikat sei das Thema. Die Autorin geht Hinweisen der Zusammenarbeit deutscher, japanischer und arabischer Linksterroristen nach. Die Recherche in der Stasi-Unterlagenbehörde gestalte sich auch durch die geschickte Verdunklungsstrategie des Dienstes schwierig, zumal auch Stasi-intern Teile der eigenen Arbeit verschleiert wurden. Auch westliche Nachrichtendienste haben  kein Interesse, daß ihre Praktiken durch die Akten sichtbar werden. Dazu gehört auch die äußerst umstrittene Rolle von Verena Becker und ihrer Schwester Annelie. Weiterlesen … »

Weggesehen, mitgefeiert

Deutschland und der argentinische Militärputsch 1976

Dass während der argentinischen Militärdiktatur von 1976 bis 1983 etwa 30.000 Menschen »verschwunden« sind, das heißt ermordet wurden, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Weniger bekannt ist allerdings die Tatsache, dass die damalige Bundesregierung Schmidt nicht nur vorab von dem Putsch informiert war, sondern sogar verhaftete deutsche Staatsbürger nicht schützte.

Stattdessen war man auf eine enge wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit mit den Putschisten aus. Und das nicht ohne Erfolg, verdoppelten sich doch die deutschen Exporte in das südamerikanische Land binnen weniger Jahre; u.a. auch dank zahlreicher Waffengeschäfte.

Hinzu kam die Fußball-Weltmeisterschaft 1978: Statt durch Kritik an der Regierung wollte man lieber durch eine möglichst erfolgreiche Beteiligung an der sportlichen Sause auffallen.

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