Putsch und Rebellion
Seit Freitag existiert ein neuer Staat – dies sehen zumindest die Rebellen im eroberten Norden Malis so, indem sie diesen zum eigenständigen Staat Azawad ausriefen. Dabei ist wenig über die Rebellen bekannt, kein Staat beabsichtigt bislang die Anerkennung Azawads. Auf beiden Seiten des Konflikts herrscht Chaos: Während das Militär im Süden gegen die Regierung putschte, besteht im Norden eine merkwürdige Allianz aus Tuareg-Milizen der MNLA und Salafisten der Aqim. Bei den Tuareg soll es sich um aus Libyen geflohene Milizen handeln, die unter Gaddafi dienten und vertrieben wurden. Diese haben sich darauf mit salafistischen Gruppen, die in der Sahara operieren, auf einen gemeinsamen Aufstand geeinigt. Insofern hat dieser Konflikt eine internationale Dimension. Im Süden putschte das Militär im Zuge des Aufstandes gegen die Regierung. Nun wurde die Rückkehr zur Demokratie nach heftigem internationalen Druck vereinbart.
Dominic Johnson erinnert in der taz an die Geschichte der Spannung zwischen Norden und Süden, zurückgehend auf die Zeit der Befreiung vom französischen Kolonialismus. Thomas Scheen schreibt in der FAZ über die Salafisten der Aqim, die aus einer algerischen Gruppe hervorgingen. Demnach bestand bis Ende 2011 ein Duldungsabkommen mit der Regierung in Mali, die an den Erpressungen aus Entführungen mitverdiente. Die Gruppe finanzierte sich auch durch Schmuggel und Drogenhandel. Der Westen befürchtet durch einen neuen Staat einen Rückzugsraum für die Al Qaida. Über die reellen Verhältnisse in Mali herrscht jedoch bislang Unklarheit.
Rückfall in alte Muster?
Die Armee ist traditionell der eigentliche Machthaber Pakistans. Sobald die Politik sich grundlegende Entscheidungen anmaßt und den Einfluß des Militärs beschneiden will, ist der nächste Putsch nicht fern. Auf diesen Punkt sieht die Nachrichtenseite German-Foreign-Policy den Staat zwischen Afghanistan und Indien zusteuern. Der Premier Jusuf Raza Gilani entließ den Militärvertreter im Verteidigungsministerium. Statt einem gewaltsamen Umsturz bevorzugen die Generäle den Übergang zu einer ihnen genehmen Regierung. Im Hintergrund kämpft der Westen mit China um Einfluß in dem Land. Die USA wollen Deutschland in einer Vermittlerposition als Vertreter der Europäischen Union.
Weggesehen, mitgefeiert
Dass während der argentinischen Militärdiktatur von 1976 bis 1983 etwa 30.000 Menschen »verschwunden« sind, das heißt ermordet wurden, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Weniger bekannt ist allerdings die Tatsache, dass die damalige Bundesregierung Schmidt nicht nur vorab von dem Putsch informiert war, sondern sogar verhaftete deutsche Staatsbürger nicht schützte.
Stattdessen war man auf eine enge wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit mit den Putschisten aus. Und das nicht ohne Erfolg, verdoppelten sich doch die deutschen Exporte in das südamerikanische Land binnen weniger Jahre; u.a. auch dank zahlreicher Waffengeschäfte.
Hinzu kam die Fußball-Weltmeisterschaft 1978: Statt durch Kritik an der Regierung wollte man lieber durch eine möglichst erfolgreiche Beteiligung an der sportlichen Sause auffallen.
Eine Verfassungsänderung zwischen Hoffen und Bangen
Die erfolgreiche Volksabstimmung, bei der 58% der Wähler einer Verfassungsreform in der Türkei zustimmten, zeigt vor allem, wie tief gespalten das Land ist. Denn weniger die konkreten Inhalte der Verfassungsänderung standen zur Wahl als vielmehr die regierende AKP und insbesondere die Person des Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Nur vor diesem Hintergrund lassen sich das Referendum interpretieren und die unterschiedlichen Bewertungen der Inhalte nachvollziehen. Weiterlesen … »
Alter und neuer Staat
Das Militär ist seit der Gründung der Türkei ein Staat im Staat, welches bereits mehrere Male geputscht hat. Zugleich war das Land strategisches Bollwerk gegen den Ostblock. Im Zweifel hat sich in dieser Konstellation das undurchsichtige Netzwerk kemalistischer Eliten durchgesetzt. Die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan stellt diese Konstellation mit ihren umfassenden Reformen in Frage. Prompt wurden Putschpläne eines nationalistischen Netzwerkes in Armee und Nachrichtendiensten bekannt. Der Machtkampf zwischen den alten Eliten, repräsentiert durch die Partei CHE, und den Reformern kristallisiert sich nun anhand eines Urteils des konservativen Verfassungsgerichts heraus, welches Armeeangehörige der zivilen Gerichtsbarkeit entzieht. Weiterlesen … »
Begrenzte Lehren
Nach Jahren der Instabilität in Argentinien putschte sich 1976 eine Militärregierung an die Macht, die erst nach dem verlorenen Falklandkrieg 1983 abdankte. Ihre Bilanz sind 30000 »Verschwundene« und nachweislich Ermordete – weit mehr als beim berüchtigten Pinochet im Nachbarland Chile. Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner ließ nun Dokumente aus dieser Zeit per Dekret auf Verlangen eines Bundesgerichts veröffentlichen. Gaby Weber hat in einem Feature des Deutschlandfunks über die Rolle und das Verhalten der ost- und westdeutschen Außenpolitik nachgeforscht. Weiterlesen … »
Kritik mit Samthandschuhen
Zwar haben die internationalen Organisationen und ausländische Regierungen unisono den Putsch in Honduras vom Juni 2009 verurteilt, aber geschehen ist ansonsten wenig. Der demokratisch legitimierte Präsident Zelaya befindet sich immer noch in der brasilianischen Botschaft, seine Anhänger sind allein jedoch nicht in der Lage, sich gegen Polizei und Militär durchzusetzen. Ein Fall für den UN-Sicherheitsrat, meint Kathrin Zeiske.
Besorgniserregend ist in diesem Zusammenhang das Engagement der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung. Diese hat wiederholt und bis heute die Putschisten als angebliche Hüter der Verfassung verteidigt. Das lässt für die Politik des designierten Außenministers Guido Westerwelle nichts Gutes erwarten, schreibt der Freitag.