Presseschau Beitrag

Ein wachsender Mythos

Über die selektive Wahrnehmung ökonomischer Daten
 <br/>Foto von Problemkind
Foto von Problemkind

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist ein scheinbar klarer Indikator für den Zustand einer Volkswirtschaft. »Selbst eine Ölpest am Ostseestrand« könne das BIP steigern, meint dagegen Stephan Kosch in der taz. Bildung, Gesundheit, Umwelt und intakte Familienstrukturen würden allerdings nicht erfasst. Diese Orientierung an zahlenmäßigem Wachtum anstelle von Nachhaltigkeit und Lebensqulität stünden Initiativen zur Suche nach neuen Indikatoren entgegen. Die Gazette druckte dazu einen Bericht von Jonathan Rowe vor dem US-Senatsausschuss für Handel, Wissenschaft und  Transport ab.

Ist es denn so gleichgültig, ob wir über Schulbücher oder Pornomagazine reden, über Neugeborene oder durch Luftverschmutzung verursachtes Asthma bei Kindern? Spielt es keine Rolle, ob das Geld aus einem Leben im Rahmen unserer Verhältnisse kommt oder aus Finanz- und Umweltschulden? Müssten wir das nicht wissen, bevor wir uns sagen können, die höhere Geldsumme in dem Topf – also das, was wir „Wachstum“ nennen – sei etwas Gutes oder nicht? - Jonathan Rowe

Die Indikatoren und die Art und Weise der Erfassung volkswirtschaftlicher Faktoren haben enorme Rückwirkung auf das politische Handeln. Das Wachstum solle mindestens 3% pro Jahr erreichen, um Arbeitsplätze zu schaffen. Dies ist jedoch kein »stabiles« Wirtschaftswachstum, sondern ein exponentielles. Die Darstellung und Diskussion volkswirtschaftlicher Daten in der Öffentlichkeit ist von vielen Mythen gekennzeichnet. Alternative Ansätze, wie sie in den 70er und 80er Jahren unter dem Motto »die Grenzen des Wachstums« populär geworden sind, haben an Einfluß verloren, auch wenn viele Poltiker heute gerne von Nachhaltigekit reden.