Presseschau Politik

Gesellschaft gegen Staat

Ziviler Ungehorsam in Griechenland
Demonstration der Taxi-Fahrer am 18. Juli
Demonstration der Taxi-Fahrer am 18. Juli Bild von Piazza del Popolo

Die erste Protestwelle gegen die soziale Lage in Spanien ebbt ab, in Griechenland hat sich dagegen eine Vielfalt von Protestformen entwickelt. Die erzwungenen Sparmaßnahmen haben zu einer Wirtschaftskrise und einer spürbar gesunkenen Nachfrage geführt, so daß viele Geschäfte zur Aufgabe gezwungen sind. Ähnlich wie bei der Finanzkrise in Argentinien von 10 Jahren werden verschiedene Formen zivilen Ungehorsams erprobt: Dazu zählt die Verweigerung von Verkehrsgebühren, aber auch die Übernahme geschlossener Betriebe durch die Arbeitnehmer. Die breite Unterstützung des Widerstands gegen die Sparmaßnahmen zeigen eine tiefe Kluft zwischen Bevölkerung und Regierung auf. Weiterlesen … »

Lachen verboten

Ein Porträt der Proteste in Weißrussland

Die weißrussiche Hauptstadt Minsk liegt 950 km von Berlin entfernt, nur wenig mehr als Paris. Dennoch ist der von Präsident Alexander Lukaschenko autoritär geführte Staat meilenweit von den Schlagzeilen deutscher Medien weg. Seit Jahren versucht die Opposition, sich Gehör zu verschaffen. Lukaschenko drängt diese durch Kriminalisierung an den Rand, so daß sie auf ironische Subversion ausweicht.  So werden Demonstranten festgenommen, die auf den Straßen spontan applaudieren. Lukaschenkos Regierung gerät sowohl durch Russland als auch den Westen unter Druck, Staatsbetriebe zu veräußern; das Land leidet unter einer schweren Wirtschaftskrise, durch welche die Opposition und die Proteste Auftrieb bekommen. Eine Sendung des Deutschlandfunk porträtiert die aktuelle Lage im Land.

Ohne Putschoption

Der Rücktritt der türkischen Armeeführung ist Ausdruck eines vollzogenen Wandels
"Warnung vor dem Hund" -- Das türkische Militär beißt nicht mehr
"Warnung vor dem Hund" -- Das türkische Militär beißt nicht mehr Bild von Puck

Am vergangenen Freitag traten der Generalstabschef der türkischen Armee Isik Kosaner und mit ihm die Befehlshaber der Teilstreitkräfte des Heeres Erdal Ceylanoğlu, der Luftwaffe Hasan Aksay und der Marine Eşref Uğur Yiğit von ihren Ämtern zurück. Die Deutsch Türkischen Nachrichten sprechen von einem “Paukenschlag”, für die taz kommt dieser Vorgang gar einer “historischen Zäsur” gleich.

Über Jahrzehnte hat das türkische Militär die Politik maßgeblich beeinflußt. Doch in den letzten Jahren verlagerte sich die Macht zugunsten der seit 2002 regierenden AKP. Immer neue Machtproben konnte die Regierung gewinnen. Da insgesamt 250 Soldaten, unter ihnen mehr als 40 aktive Generäle und Admiräle, derzeit in U-Haft sitzen, war das für die Armee ein großes Problem, vor dem Kosaner schließlich kapitulierte”, so die taz. Weiterlesen … »

Kampf um die Zukunft

Militär und Opposition ringen um den Fortgang der Revolution in Ägypten
Kundgebung auf dem Tahrir-Platz Anfang Juli
Kundgebung auf dem Tahrir-Platz Anfang Juli Bild von mmoneib

Der Kampf um die Zukunft des Landes dauert in Ägypten an. Viele, die für ein Ende des Mubarak-Regimes gekämpft haben, trauen dem Militärrat und der Übergangsregierung nicht über den Weg; sie fürchten um die Revolution. So wurden bislang kaum Vertreter des alten Systems für ihre Taten verurteilt, die Prozesse werden häufig verschoben. Daher wird der symbolische Tahrir-Platz wieder besetzt gehalten, immer wieder kommt es zu schweren Auseinandersetzungen. Das ägyptische Militär kontrolliert große Teile der Volkswirtschaft, so daß in Frage gestellt wird, ob es sich mit einer dienenden Rolle im neuen Staat zufrieden geben wird.

Umstritten ist auch der Termin für Wahlen im September, da die Zeit nicht ausreicht, um die zahlreichen Gruppierungen der politischen Bewegung in wahlfähige Parteien und Bündnisse zu verwandeln. Die Wahlen dürften nicht unwesentlich über die zukünftige Struktur des Landes entscheiden.

Harte Strafen statt offener Diskussion

Die Entwicklung in Bahrain

Im Februar gab es ähnlich wie in Tunesien und Ägypten auch in Bahrain eine breite Protestbewegung. Sie wurde aber mit Waffengewalt niedergeschlagen. Nun hat ein Gericht 21 »Rädelsführer« zu langen Haftstrafen verurteilt. Das geschah ohne stichhaltige Beweise und vor allem mit der Begründung, die Angeklagten stünden mit der Hisbollah und dem Iran in Kontakt.

Der für Juli angekündigte »nationale Dialog« wird so schon vorab zur Farce. Denn die wirklich kritischen Geister sitzen nun hinter Gittern oder wurden mit derartigen Drohungen mundtot gemacht. Der Aufbruch in Bahrain ist jedenfalls längst vorbei, die mächtige Königsfamilie hat ihre Macht gesichert.

Sparen gegen die Bürger

Proteste in Griechenland weiten sich aus

Die Regierung Papandreou hat eine neue Sparrunde eingeleitet: 78 Mrd. Euro sollen durch Kürzungen bei Sozialleistungen und Gehältern, aber auch durch Privatisierungen zusammenkommen. Das geschieht auch vor dem Hintergrund der internationalen Hilfskredite an Griechenland, die an derartige Einschnitte gekoppelt sind. Innerhalb der Regierungspartei PASOK gibt es erste Abgeordnete, die den Sparkurs nicht mittragen wollen.

Die Bevölkerung formiert sich zunehmend zum Widerstand gegen diese Politik. Interessanterweise haben sich offenbar die Gewerkschaften und die sogenannten »Indignados« nun zusammengeschlossen. Bisher agierten sie weitgehend unkoordiniert. Demonstrationen und Streiks in staatlichen Behörden und Banken sind der sichtbarste Ausdruck dieser Protestwelle. Daneben wird versucht, das Parlamentsgebäude zu blockieren – und es kam auch zu Gewalt zwischen Demonstranten und rechtsradikalen Gruppen.

Viel Geld, wenig Wirkung

Die Hilfen für Afghanistan
Markt in Kandahar
Markt in Kandahar Bild von AfghanCam

Ein aktueller Bericht des US-Senats kommt zu dem Schluss, dass die gewaltigen Hilfsgelder nur selten sinnvoll verwendet werden. Oft sind sie sogar ausgesprochen kontraproduktiv, denn sie fördern Korruption und die Abhängigkeit vom Ausland. Es geht um immerhin 19 Mrd. Dollar seit Beginn des Krieges. Einigen Verbesserungen im Bildungs- und Gesundheitsbereich stehen also viele Probleme gegenüber, gerade auch im umkämpften Süden des Landes ist die Lage nach wie vor schlecht.

Die hohen Kosten des Einsatzes könnten nun zu einem schnelleren Rückzug der Truppen führen, wie der Spiegel vermeldet. Demnach sollen große Teile der insgesamt knapp 100.000 US-Soldaten schon vor 2014 zurückgeholt werden. Begründet wird dies auch mit dem Tod Bin Ladens.

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