Presseschau Diktator

»Außerordentliche Gemütlichkeit«

Spaniens Geschichte will nicht vergehen

Noch immer tobt die Auseinandersetzung um die Deutung des Bürgerkriegs von 1936-39 in Spanien. Nicht nur Historiker und Intellektuelle tun sich schwer damit, die Vorgänge von damals bewegen breite Schichten der Bevölkerung und gewinnen so eine nicht zu unterschätzende politische Sprengkraft.

Das liegt sicher auch daran, dass es seinerzeit auch und vor allem um ideologische Fragen ging. Links gegen rechts, progressiv gegen konservativ – manche Fronten bestehen bis heute. Das zeigt sich in der Parteienlandschaft, in der Kirche, aber auch in vielen ganz normalen Familien. Viele Gräben brechen nun vehement wieder auf. Die juristische Auseinandersetzung um Baltasar Garzón ist dabei nur ein, wenn auch bemerkenswerter, Aspekt.

Schwarz ist weiß

Rechter Geschichtsrevisionismus in Spanien

In 50 Bänden und mehr als 40.000 Artikeln stellt der neue »Diccionario Biografico Español« wichtige Persönlichkeiten der spanischen Geschichte vor – kofinanziert durch Steuergelder. So weit, so gut. Doch jetzt ist eine Debatte darüber entbrannt, wie einzelne Personen vor allem des noch immer im kollektiven Bewusstsein präsenten Bürgerkriegs und der anschließenden faschistischen Diktatur dargestellt werden. Allen voran der Diktator Francisco Franco selbst.

Die Vorwürfe reichen von Verharmlosung der einen, rechten Seite bis zur Verteufelung der anderen, den linken Verlierern des Krieges. Werner Perger fragt sich, warum dieses Phänomen der Geschichtsrevision gerade heute in vielen Ländern Europas zu bemerken ist. Ähnliche Tendenzen sieht er in Ungarn, Frankreich, Italien und Österreich.

Planung für den »Endsieg«

NS-Deutschland im Jahr 1940

Anläßlich des 70. Jahrestags des Sieges über Frankreich blickt Dietrich Eichholtz auf die seinerzeitigen Pläne der Nationalsozialisten für die weitere Kriegsführung. Sie bewegten sich in einem strategischen Dilemma zwischen einem unbesiegten Großbritannien – mit den USA im Hintergrund – im Westen und dem zukünftigen Feind Sowjetunion im Osten.

Interessant sind die Ausführungen des Historikers v.a. im Hinblick auf die Tatsache, dass er beispielhaft an einigen Fälle aufzeigt, wie eng die wirtschaftlichen Eliten in die Planung eingebunden waren. Auf diese Weise konnten sie  ihre weitreichenden Interessen, etwa bei der französischen Schwerindustrie oder den vorderasiatischen Erdölfeldern, in Regierungskreisen wirksam zu Gehör bringen. Weiterlesen … »

Nicht auf Augenhöhe

Das Verhältnis der EU zu Lateinamerika

Noch vor einigen Jahren galt eine strategische Partnerschaft zwischen der EU und den Ländern Lateinamerikas als realistische Option. Mittlerweile ist auf dem gerade beendeten Gipfeltreffen beider Seiten in Madrid deutlich geworden: Dieses Ziel liegt noch in weiter Ferne.

Die Ursachen dafür sind vielfätig. Zunächst ist es angesichts der europäischen, neoliberal ausgerichteten Handelspolitik nicht gelungen, ein für alle akzeptables kollektives Abkommen zu treffen. Deshalb ist die EU nun dazu übergegangen, mit einzelnen Staaten bilaterale Verträge zu schließen. Weiterlesen … »

Öffentliche Staatsaffären

Über die Ermittlungen des Baltasar Garzón gegen Verbrecher der Franco-Diktatur und das Amt des Ermittlungsrichters
Der Richter Baltasar Garzón <br/>Foto von jmlage
Der Richter Baltasar Garzón Foto von jmlage

Der Ermittlungsrichter am spanischen Strafgerichtshof Baltasar Garzón hat mit seinen Verfahren für Furore gesorgt – er ließ den Diktator Pinochet festsetzen und hat ehemalige Minister hinter Gitter gebracht. Nun droht ihm in Spanien die Suspendierung; denn er hat sich der Verbrechen der Franco-Diktatur angenommen und erbitterten Widerspruch hervorgerufen. Ein Verfahrenskniff wird ihm als Rechtsbeugung ausgelegt, schreibt Reiner Wandler in der taz. Heribert Prantl würdigt seine Leistungen für ein Ende der Straflosigkeit von Verbrechern in hohen Staatsämtern in den Blättern für deutsche und internationale Politik in einem empathischen Beitrag.

Indes in Frankreich die Regierung unter Nicolas Sarkozy plant, durch eine Justizreform das Amt des Ermittlungsrichters abzuschaffen. Bernard Schmid erkennt auf Telepolis darin den Versuch, die Erfolgsgeschichte dieses Amtes bei der Bekämpfung von Korruption zu beenden. Ein Beispiel ist die Aufdeckung des Elf-Aquitaine-Skandals, der den Spielfilm »Geheime Staatsaffären« inspirierte. Schmid vergleicht die europäischen Justizsysteme und hinterfragt deren Unabhängigkeit.

Die Diktatorenschule

Das Auswärtige Amt kollaboriert mit Diktatoren und schult deren Militär
Offiziere des guineischen Militärs <br/>Foto von Joseph N. Lomangino
Offiziere des guineischen Militärs Foto von Joseph N. Lomangino

Die militärische Ausbildungshilfe Deutschlands gerät weiter in die Kritik – denn sie wird Diktatoren von Staaten gewährt, in denen schwere Menschenrechtsverletzungen vorgefallen sind. Dabei hat die Bundesrepublik unter dem damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier EU-Sanktionen gegen Usbekistan unterlaufen, wie der Zentralasienkorrespondent der taz, Marcus Bensmann, auf der Seite der Ruhrbarone herausfand. Denn die Bundeswehr bildete Soldaten des zentralasiatischen Landes aus, nachdem die EU-Kommission dies aufgrund des Massakers von Andijon 2005  mit über 1000 Toten verboten hatte. 

Ebenso wurde der Diktator des westafrikanischen Guinea, Moussa Dadis Camara, von der Bundeswehr zum Kompaniechef ausgebildet; er ließ im vergangenen Jahr eine Demonstration niederschießen – 150 Menschen starben. Mehrere seiner Minister wurden ebenfalls von der Bundeswehr geschult; dennoch wurde das Programm laut MDR Fakt fortgesetzt. Weiterlesen … »

Jeder gegen jeden

Zur Lage in Kolumbien
Nahe Manizales, Kolumbien <br/>Foto von philipbouchard
Nahe Manizales, Kolumbien Foto von philipbouchard

Seit Jahrzehnten schwelt in Kolumbien ein Bürgerkrieg. Doch die Fronten zwischen den beiden linken Guerillagruppen und der Regierung im Verbund mit rechten Paramilitärs sind nicht immer klar. Am meisten aber leidet die Zivilbevölkerung, zahlreiche Flüchtlinge verlassen die ländlichen Regionen aus Angst vor der Gewalt und führen in den Städten eine kümmerliche Existenz. Mittlerweile verstärken auch die USA ihre Präsenz in der rohstoffreichen Region Arauca an der Grenze zu Venezuela.

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