Presseschau Untergrundorganisationen

Annexion ohne Zukunft

Kampf um den Status der Westsahara
Marokkanische Polizei vor dem Camp
Marokkanische Polizei vor dem Camp

Nach dem Abzug der spanischen Kolonialmacht aus der Westsahara besetzte Marokko vor 35 Jahren den am Atlantik gelegenen und dünn besiedelten Wüstenstaat. Dies hatte einen langjährigen Bürgerkrieg mit der von Algerien unterstützen Widerstandsorganisation Polisario zur Folge, der erst mit einem Waffenstillstandsabkommen 1991 endete. Bedingung dafür war die Organisation eines Referendums über die Unabhängigkeit, welches die UNO organiseren sollte, das aber bislang nicht stattgefunden hat.

In diesem Herbst wurde in der Westsahara ein Camp mit ca. 10.000 Menschen organisiert, welches auf die soziale Diskriminierung und die schlechten Lebensumstände der Saharauis aufmerksam machen sollte. Das Camp wurde nun vom marokkanischen Militär umstellt, mehrere Camper wurden erschossen und das Camp daraufhin gestürmt – schwere Ausschreitungen waren die Folge. Ralf Streck sieht dahinter die Absicht der marokkanischen Regierung, zeitgleich stattfindende Vermittlungsgespräche zu torpedieren. Denn Marokko hat schlechte Karten für die Anerkennung der Annexion und versucht das Gebiet durch die eigene Bevölkerung zu kolonisieren. Zugleich kritisiert der Autor die stille Anerkennung durch deutsche Regierungsorganisationen, welche die Umsetzung des Projektes Desertec in dem Gebiet vorbereiten.

Zwischen Hammer und Amboß

Zu Angolas Unabhängigkeit 1975

Am 11. November 1975, vor 35 Jahren, wurde Angola unabhängig. Die bisherige portugiesische Kolonialmacht war außerstande und seit der Nelkenrevolution auch nicht mehr willens, den kostspieligen Guerrillakrieg weiterzuführen.

Doch der Unabhängigkeitskrieg verwandelte sich in einen Bürgerkrieg: Verschiedene angolanische Gruppen bekämpften sich nun gegenseitig. Zudem intervenierten Kuba, die Sowjetunion und zumindest mit zivilen Kräften auch die DDR zugunsten der MPLA, die USA, China, Zaire und Südafrika unterstützten die rivalisierende UNITA. Weiterlesen … »

Die Bombe mit Fragezeichen

Der Druck, das Verfahren zum Oktoberfest-Attentat wiederaufzunehmen, nimmt zum 30. Jahrestag zu
Die Bombe mit Fragezeichen
Bild von gnislew

Heute jährt sich das Attentat auf dem Münchner Oktoberfest zum dreißigsten Male. Offensichtlich an der Tat beteiligt war der Student Gundolf Köhler, der von der Bombe im Papierkorb zerrissen wurde. Doch obwohl Köhler in zahlreichen rechtsradikalen Gruppen präsent und an Wehrsportübungen beteiligt war, legten sich die Ermittlungsbehörden auf Köhler als Einzeltäter fest. Vielmehr sabotierte der bayrische Verfassungsschutzpräsident und vormalige BND-Mann Hans Georg Langemann die Ermittlungen, indem er deren Stand detailliert an die Presse gab, wodurch mögliche Mittäter gewarnt wurden.

Heute kann keine Rede davon sein, daß die Staatsanwaltschaft alle Spuren ausreichend ermittelt hat: Starke Zweifel gibt es an der Fähigkeit Köhlers, die verheerende Bombe zu bauen, unklar bleibt die Herkunft des Sprengstoffs TNT. Durch neue Methoden wie DNA-Analyse könnten neue Erkenntnisse gewonnen werden; auch wenn der Generalbundesanwalt eine Wiederaufnahme wiederholt ablehnte, wächst der Druck in den Medien und der Politik. Anstelle der Ermittlungsbehörden haben einige wenige unverzagte Journalisten wie Ulrich Chaussy und Tobias von Heymann alle Spuren verfolgt, auf deren Beiträge wir bereits verwiesen; sie haben in zahlreichen Archiven, u.a. bei der Stasi, neue Erkenntnisse gesammelt. Claudia Wangerin hat in der jungen Welt den Stand präzise zusammengefasst, die Zeitung hat zudem Tobias von Heymann interviewt. Ein umfangreiches Dossier bietet auch der Bayrische Rundfunk und sprach mit Ulrich Chaussy. Weiterlesen … »

Zerissene Insel

Ein Jahr nach dem Ende des Bürgerkriegs in Sri Lanka
Zehntausende leben in Flüchtlingslagern <br/>Foto von DFID - UK Department for International Development
Zehntausende leben in Flüchtlingslagern Foto von DFID - UK Department for International Development

Jahrzehnte tobte in Sri Lanka ein mal schwelender, mal brutaler Bürgerkrieg zwischen den Tamil Tigers und der Zentralregierung. Dahinter steht der Konflikt zwischen der singhalesichen, buddistischen Mehrheit und der tamilischen, hinduistischen Minderheit im Norden und Osten der Insel; viele Tamilen sehen sich bis heute als unterdrückte Minderheit. Vor einem Jahren besiegte die Regierung die Tigers nach einer langen Offensive, der etwa 7000 Zivilisten zum Opfer fielen. Cédric Gouverneur gibt in der Le Monde diplomatique einen Überblick der Lage: Zehntausende Zivilisten leben nach wie vor in Lagern, wo sie auf Verbindungen zu den Tigers geprüft werden. Die inneren Konflikte den Landes sind keineswegs gelöst, vielmehr ist äußerst fraglich, ob nach dem militärischen Sieg ein Ausgleich mit stärkerer lokaler Autonomie zu erwarten ist. Der Autor sieht bei dem Präsidenten Mahinda Rajapakse autoritäre Tendenzen: »Menschenrechtler, Anwälte und Journalisten erhalten Morddrohungen«, der unterlegene Präsidentschaftskandidat sitzt in Haft. Die Unterstützung Chinas habe der Zentralregierung den militärischen Sieg erst ermöglicht. China wolle gegen seinen Rivalen Indien Bündnispartner aufbauen.

Alte Pläne, alte Freunde

Eine Pipeline durch Afghanistan

In Afghanistan wird weiter ein blutiger Konflikt ausgetragen – und manche Überläufer schließen sich wegen enttäuschter Hoffnungen erneut den Taliban an. Zudem verlieren die westlichen Truppen nun auch im Norden die Kontrolle über zahlreiche Dörfer.

Trotz dieser schlechten Gesamtlage sollen die in den 90er Jahren diskutierten Pläne einer Pipeline von Turkmenistan über Afghanistan an die pakistanische Küste zeitnah umgesetzt werden. 1997 hatte der – heute zu Chevron gehörende – US-Konzern Unocal bereits ergebnislos mit den Taliban verhandelt. Berater der amerikanischen Firma war übrigens ein gewisser Hamid Karsai, heute Präsident des Landes.

Hoffnung auf Aufklärung

Ein Ex-Offizier erinnert an die Verantwortung der Staatsspitze für die politischen Morde der 90er Jahre

Am 3. November 1996 kam es nahe dem westtürkischern  Susurluk  zu dem wohl folgeschwersten Autounfall der türkischen Geschichte: In dem Mercedes, der mit einem Traktor zusammenstoß, saßen u.a. ein hochrangiger Polizeibeamter sowie Abdullah Çatlı, Chef der Grauen Wölfe. Durch den Unfall wurde die Verbindung des Staates zum kriminellen Untergrundnetzwerk der Grauen Wölfe bekannt, die für die Aufstandsbekämpfung in Kurdistan eingesetzt wurden und in die Tötung von tausenden Verschwundenen verstrickt sind. All dies geschah mit der Billigung westlicher Nachrichtendienste, denn die Grauen Wölfe waren Teil des europäischen Netzwerkes Gladio der NATO.

Auf die Anklage eines Obersten in Diyarbakir aufgrund von Morden hat sich nun ein pensionierter Admiral zu Wort gemeldet. Er beklagt im türkischen Fernsehen, daß es sich bei den Morden um Staatspolitik gehandelt habe, für die nun einige Offiziere büßen sollen. Das läßt Hoffnungen aufkommen, daß Licht in dieses dunkle Kapitel der türkischen – und europäischen – Geschichte kommt.

Gesellschaft im Krieg

Eine Dokumentation über die Frauenorganisation der Hamas

Wenig Berichte gibt es aus dem Gazastreifen – daher ist auch wenig über die dortige Situation und die Hamas bekannt. Insofern ist die Dokumentation von Suha Arraf über die Frauenorganisation der Hamas umso sehenswerter. Darin wird deutlich, wie bedeutend die Sozialarbeit der Hamas ist, durch die sie Rückhalt und Sympathien in der Bevölkerung gewann: Bei dem Wahlsieg der Hamas spielten Frauen eine große Rolle. Doch auch der religiöse Fanatimus, der Märtyrer-Kult und das Bild einer militarisierten Gesellschaft werden dargestellt.

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