Presseschau Gesellschaft

»Ein etwas komischer Junge«

Zum Rücktritt von Javi Poves

Es ist eine ungewöhnliche, interessante Geschichte: Ein vielversprechender junger Fußballprofi beendet von heute auf morgen seine Karriere. Stattdessen möchte er die Welt bereisen und studieren. Warum? »Profifußball ist nur Geld und Korruption«, sagt er. Aber nicht nur das. Schon vor seinem endgültigen Schritt bat er die Klubchefs von Sporting Gijon, ihm sein Gehalt nicht mehr auf ein Bankkonto zu überweisen, auch auf das Dienstauto verzichtete Poves.

Die jüngste Protestbewegung in Spanien sieht er nach anfänglicher Begeisterung mittlerweile eher kritisch: Sie sei viel zu oberflächlich und würde nicht an den eigentlichen Ursachen ansetzen. Sein Lösungsvorschlag klingt dementsprechend auch nicht gerade gemäßigt: »Man muss zu den Banken gehen und sie anzünden. Köpfe müssen rollen.«

Gesellschaft gegen Staat

Ziviler Ungehorsam in Griechenland
Demonstration der Taxi-Fahrer am 18. Juli
Demonstration der Taxi-Fahrer am 18. Juli Bild von Piazza del Popolo

Die erste Protestwelle gegen die soziale Lage in Spanien ebbt ab, in Griechenland hat sich dagegen eine Vielfalt von Protestformen entwickelt. Die erzwungenen Sparmaßnahmen haben zu einer Wirtschaftskrise und einer spürbar gesunkenen Nachfrage geführt, so daß viele Geschäfte zur Aufgabe gezwungen sind. Ähnlich wie bei der Finanzkrise in Argentinien von 10 Jahren werden verschiedene Formen zivilen Ungehorsams erprobt: Dazu zählt die Verweigerung von Verkehrsgebühren, aber auch die Übernahme geschlossener Betriebe durch die Arbeitnehmer. Die breite Unterstützung des Widerstands gegen die Sparmaßnahmen zeigen eine tiefe Kluft zwischen Bevölkerung und Regierung auf. Weiterlesen … »

Der neue Sündenbock

Muslimenhass wird langsam salonfähig

In der Not zeigt der Mensch sein wahres Gesicht. Während die Menschen in Oslo ihre Toten betrauern, zeigt sich in der europäischen Öffentlichkeit immer deutlicher die Fratze des Muslimenhasses. Zu einem Zeitpunkt, als es noch gar keine Informationen zu den Hintergründen des grausamen Anschlags in Norwegen gab, wussten einige Redakteure, »Terrorismusexperten« und Internetnutzer schon, wer dafür verantwortlich sein soll: Islamisten. Wie sich später herausstellte, war der Attentäter ein rechtsextremer Norweger. Reflexhafte Schuldzuweisungen dieser Art illustrieren den immer offener zu Tage tretenden Hass auf Muslime in Europa – weit über die sogenannten Stammtische hinaus bis in die Redaktionsstuben. Rassismus fasst langsam wieder Fuss in Europa.

Der Spitzenreiter schwankt

Steht China vor einer schweren Krise?

Die massiven Kredite zur Stützung der Konjunktur haben in China eine heftige Inflation ausgelöst. Insbesondere die Lebensmittelpreise sind im zweistelligen Bereich gestiegen. Diese Entwicklung trifft vor allem die ohnehin schlecht gestellten Wanderarbeiter, die nun akut von Hunger bedroht sind.

Doch auch in anderen Bereichen droht eine Verschlechterung der Lage. Die Kommunen sind hoch verschuldet und können ihre Kredite kaum noch bedienen. Gleichzeitig gibt es ernst zu nehmende Anzeichen dafür, dass der Immobilienboom zu einem unrühmlichen Ende kommt. Mit fatalen Folgen für Wachstum und Beschäftigung. Die wichtigste Stütze der weltweiten Konkunktur könnte so ins Wanken kommen.

Nummer 193

Der Südsudan ist offiziell unabhängig
Straßenszene in der Hauptstadt Juba
Straßenszene in der Hauptstadt Juba Bild von bbcworldservice

Heute wurde die Unabhängigkeit des Südsudan vom Sudan als 193. Staat der Welt endgültig besiegelt. Doch Jahrzehnte des Unabhängigkeits- und Bürgerkrieges lassen die Perspektiven dieses Landes düster erscheinen. Viele rechtliche Fragen sind noch immer ungeklärt. Auch die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den Stämmen des Südens schwelen weiter.

Vor allem aber ist der Südsudan extrem unterentwickelt. Es mangelt praktisch an allem: Infrastruktur, Bildung, Gesundheitswesen – und nicht zuletzt an einem funktionierenden Staat. Andrea Böhm schildert in ihrer anschaulichen Reportage die Konflikte und Lebenswirklichkeiten der einfachen Menschen jenseits der offiziellen Jubelfeiern in der Hauptstadt.

Was Kinder glücklich macht

2500 Kinder von 6 bis 11 befragt

Weder Materielles noch zeitlich unbegrenzte Gegenwart der Eltern macht Kinder zufrieden, sondern regelmäßige Zuwendung, Fürsorge und Interesse. Das ergab eine Studie der Kinderhilfsorganisation World Vision Deutschland, die 2500 Kinder in Deutschland zwischen sechs und elf Jahren befragt hat. Demnach ist es weniger wichtig, besonders viel Zeit mit seinen Kindern zu verbringen, als vielmehr, wie man diese Zeit nutzt und dass sie berechenbar, d.h. regelmäßig ist.

Auch als liberal missverstandene Gleichgültigkeit macht Kinder unzufrieden. »Kinder wollen mitbestimmen, nicht alleine bestimmen.« Das Interesse etwa an den schulischen Leistungen der Kinder sorgt dafür, dass sie sich ernst genommen fühlen. Unkontrollierter Medienkonsum, z.B. Computerspiele, hingegen führt dazu, dass sie sich als ausgegrenzt empfinden. Diese Art von Medienkonsum und das Gefühl der Ausgegrenztheit ist vor allem in sogenannten sozial schwachen Familien gegenwärtig.

Demografie nüchtern betrachtet

Von Mythen und Realitäten

Seit Malthus Tagen ist die Demografie ein heiß diskutiertes Thema. Wie und ob die Bevölkerung wächst, wo sie lebt – und nicht zuletzt, was das für Auswirkungen für die Gesellschaft hat. Viele düstere Prophezeihungen erweisen sich aber bei genauerer Betrachtung als unzutreffend, wie Gérard-François Dumont betont. Denn die Weltbevölkerung explodiert keineswegs – vielmehr hat sich das Wachstum seit den 60er-Jahren verlangsamt. Und Durchschnittszahlen verschleiern die völlig verschiedenen Situationen in den einzelnen Ländern. Hinzu kommt die Veränderung durch eine zunehmende Alterung.

Die Migrationsströme sind ebenfalls ein interessanter Punkt. Zahlreiche Länder sind gleich dreifach von ihnen betroffen: Als Auswanderungs-, Durchzugs- und Einwanderungsland. Die meisten dieser Wanderer sind auch keineswegs illegal in ihrer neuen Heimat.

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