Der lachende Dritte
Die Fronten im syrischen Bürgerkrieg werden immer unübersichtlicher. Auf der einen Seite stehen die Rebellen aus FSA und islamistischen Milizen, auf der anderen das alte Regime. Eine Sonderrolle spielen jedoch die im Norden des Landes wohnenden Kurden. Sie orientieren sich eher auf ihre Verwandten in Irak und Türkei, im Inland versuchen sie eine schwierige Gratwanderung, die ihnen das Misstrauen beider Kontrahenten einbringt. Langfristig könnten die kurdischen Gebiete einen relativ autonomen Teil des Landes bilden, wobei sie dann eng mit der türkischen Regierung kooperieren würden. Das mag auf den ersten Blick überraschen, werden doch die Kurden in der Türkei noch immer z. T. militärisch unterdrückt. Diese Annäherung würde aber nur eine vergleichbare Entwicklung der irakischen Kurden nachahmen. Denn die hängen mittlerweile vor allem wirtschaftlich am Tropf Ankaras. Ist also am Ende die Türkei machtpolitisch ein Profiteur der Selbstzerfleischung Syriens?
Perspektivlose Gewaltspirale
Die Lage spitzt sich in Syrien seit Monaten dramatisch zu. So detonierten selbst in der Hauptstadt Damaskus Bomben, die von Unbekannten gelegt wurden. Auch der Hergang des jüngsten Massakers an der Zivilbevölkerung in dem Ort Houla, der nahe den Protesthochburgen Hama und Homs liegt, ist bislang ungeklärt. Dennoch haben mehrere europäische Staaten die syrischen Botschafter ausgewiesen. Im Gegensatz zu vorherigen Ereignissen, wie den Kämpfen in dem Stadtviertel Baba Amr, wird dieser Vorfall von der Beobachtermission der UNO geprüft, welche auf Basis einer Resolution Ende April entsandt wurde – doch bislang liegt kein Bericht vor. Russland warnt vor einer vorschnellen Beurteilung ohne eingehende Untersuchung und mahnt eine enge Zusammenarbeit der internationalen Gemeinschaft zur Befriedung des Konfliktes an. Weiterlesen … »
In der Gewaltspirale
Seit einem Jahr brodelt der innere Konflikt in Syrien: Die Auseinandersetzungen sind längst zu einem Bürgerkrieg angewachsen, doch zugleich tobt eine Propagandaschlacht. Eine klare Bewertung ist daher schwierig. Die Opposition teilt sich in den Syrischen Nationalrat in Istanbul, der von verschiedenen Staaten unterstützt wird, und dem Nationalen Koordinationskomitee für Demokratischen Wandel, der in Syrien einen Wandel im Dialog mit der Regierung anstrebt. Während die Mehrheit der deutschen Medien die Sichtweise vertritt, daß die massive Gewalt der syrischen Regierung gegen die Proteste mit allen Mitteln gestoppt werden soll, gibt es auch gegenläufige Stimmen. So betonte Karin Leukefeld im Interview die widerstrebenden Stimmen der syrischen Opposition; Jürgen Todenhöfer wies dagegen auf die breite Unterstützung der Regierung in Teilen der Bevölkerung neben deren Gegnern hin und fordert ein differenzierteres Bild. Sowohl Todenhöfer als auch Leukefeld stehen mit ihrer Sichtweise in der Kritik als Unterstützer der Assad-Regierung. Weiterlesen … »
Unverzagte Subversion
Die Proteste in Syrien nehmen kein Ende – offenbar gelingt es der Regierung nicht, die Opposition mit rigoroser Gewalt zu unterdrücken, trotz mittlerweile mehr als 1400 Toten. Die Lebendigkeit des Aufstandes zeigt sich auch an den vielen verschiedenen Orten des Landes, an denen immer wieder Demonstrationen gemeldet werden. Die zahlreichen Videos von Mobiltelefon-Kameras, die im Internet auftauchen, unterlaufen die Nachrichtensperre. Der Sender Arte zeigt auf seiner Webseite einen Überblick von YouTube-Videos der vergangenen Monate. Luise Ossenbach betrachtet dagegen in der taz den ironischen und subversiven Geist im Lande, mit dem die Protestierenden die Anfeindungen des Regimes kommentieren. Darin wird die Entfremdung zwischen einer jungen Generation und der Sprache der Regierung deutlich. Weiterlesen … »
Falscher Fokus
Der syrische Präsident Bashaar Al-Assad setzt die Politik seines Vaters Hafiz fort, meint Patrick Seale in der aktuellen Le Monde diplomatique. Dazu gehört die Fixierung auf die außenpolitische Rolle des Staates, eine komplexe Konstellation aus Gegnern und Allianzen in der Region. Seine Herrschaftsclique habe damit gerechnet, daß diese eigenständige Politik Syrien vor inneren Unruhen bewahre. Diese Einschätzung zeige sich nun als »großer Irrtum«. Zwar haben viele Protestler durchaus gehofft, daß Bashaar ein Katalysator des Wandels werden kann, doch in der Machtclique um die Assad-Familie seien substantielle Zugeständnisse an die Protestbewegung nicht durchzusetzen. Weiterlesen … »
Schlüsselposition
Rainer Sollich analysiert die Rolle Syriens im Nahen Osten. Dem Staat unter dem jungen Präsidenten Baschar al-Assad – mittlerweile 10 Jahre im Amt – falle eine Schlüsselposition für einen Frieden in der Region zu:
Durch seine guten Beziehungen zum Iran, zur Hizbullah-Miliz im Libanon und zur radikalislamischen Hamas im Gazastreifen verfügt das Regime in Damaskus über enormes Einfluss- und Störpotenzial.
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Treibholz der Weltpolitik
Das kleine Libanon ist in seiner Politik abhängig von der politischen Großwetterlage in der Region. Da sowohl die USA als auch Saudi-Arabien nach besseren Beziehungen mit Syrien streben, ist das Ermittlungsverfahren um den Mord des libanesischen Ministerpräsidenten Rafik al-Hariri ins Stocken geraten. Auch Libanon strebt ein besseres Verhältnis zu seinem einflußreichen Nachbarn an, so Deutschlandfunk Eine Welt.