Presseschau Beitrag

»Ein unternehmerischer Staatsstreich«

Die britische Regierung macht Geschenke an Konzernbesitzer
Kirchenturm alt und neu. <br/>Bild von Steve Walesch
Kirchenturm alt und neu. Bild von Steve Walesch

Die britische Regierung unter David Cameron streicht Konzernen Steuern, um »die Wirtschaft wieder aufzubauen.« Die Parteizugehörigkeit Camerons zu erwähnen, wie in Berichterstattungen üblich, ist überflüssig. Denn Raub als Wirtschaftspolitik, oder besser Geldtransfer von den unteren 98% der Gesellschaft zu den oberen zwei, um 'die Wirtschaft anzukurbeln,' war schon unter dem 'Sozialdemokraten' Tony Blair Credo. Wenn ein Konzern, der ja von steuerfinanzierter Infrastruktur, Rechtssicherheit usw. profitiert, keine Steuern zahlen muss, wird sein Anteil an öffentlicher Verantwortung von anderen bezahlt. Es findet also ein Vermögenstransfer statt – von denen, die Steuern zahlen zu denen, die Konzerngewinne einstreichen, die oberen Prozente der Gesellschaft.

Und so funktioniert's: Bisher sind britische Unternehmen dazu verpflichtet, auf im Ausland gemachte Gewinne nur die Differenz der bereits im Ausland gezahlten Unternehmenssteuer und der britischen Unternehmenssteuer zu bezahlen. D.h., wenn ein Unternehmen im Ausland auf die Gewinne seines Ablegers schon 10% Steuern gezahlt hat, muss es an den britischen Staat nur noch 18% Steuern abführen, um der sonst üblichen Besteuerung von 28% zu entsprechen. Der neue Vorschlag sieht nun vor, dass britische Unternehmen gar keine Steuern mehr bezahlen sollen für im Ausland gemachte Gewinne, genauer: große und mittlere Unternehmen.

Diese Massnahmen werden nicht nur Vermögen, sondern auch Arbeit aus Großbritannien abziehen. Die neue Gesetzgebung wird einen mächtigen Anreiz setzen, Gewerbe weg aus diesem Land und in Nationen mit niedrigeren Steuersätzen zu verlegen. Jedes britische Unternehmen, das nicht seine Belegschaft outsourct oder seine Umsätze durch Steueroasen umleitet, wird sich selbst mit einem zusätzlichen Wettbewerbsnachteil wiederfinden.

Die neue Regelung kommt nicht von ungefähr: Nahezu alle Mitglieder der Komitees, die die Regierung zum Thema Unternehmensbesteuerung eingesetzt hat, sind Konzernlenker von Vodafone, BP, mehreren Grossbanken und anderen. Die Industrie macht also nationale Politik direkt selbst.