Presseschau Beitrag

Aufstandsbekämpfung

Rückgriff auf koloniale Konzepte in Afghanistan und im Irak
U.S. Army bei der Aufstandsbekämpfung <br/>Foto von ISAFMedia
U.S. Army bei der Aufstandsbekämpfung Foto von ISAFMedia

Marc Thörner, der als freier Journalist für diverse öffentlich-rechtliche Sender arbeitet, gilt als kluger Analytiker und Kenner des Konflikts in Afghanistan. Im Interview mit der jungen Welt deutet er an, wie das Bundesverteidigungsministerium systematisch die Öffentlichkeit täuschte, um zu verschleiern, daß Sonderkommandos der Amerikaner im Einsatzbereich der Bundeswehr operieren: Grund sei, die anderen Parteien im Bundestag »gewogen zu halten«, um das Bild von Wiederaufbau auf der einen Seite und Kampfeinsatz auf der anderen aufrecht zu halten: Die Aussagen des Bundesverteidigungsministeriums entsprechen nicht immer der Wahrheit.

Marc Thörner hat ein Buch über die amerikanische Strategie in Irak und Afghanistan geschriebeben. Dieses verfolgt eine weit komplexere These, die sich auch in einem Feature des Deutschlandfunks wiederfindet: Er sieht eine Kontinuität der Aufstandsbekämpfung der Franzosen im Algerienkrieg, auf diese Konzepte werde zurückgegriffen. Denn die Provinzwiederaufbaugruppen (PRT) und lokale Milizen (LDI) waren genau in dieser Form schon in Algerien entwickelt worden:

Die SAS-Stellen [Section Administrative Spécialisée, sic] wurden stets von einem Offizier geleitet, dem ein Arzt unterstand und der oft auch eine Schule mitbetreute. Und es gab auch einen Nachrichtenoffizier. Was allein schon darauf hindeutet, dass diese Hilfsmaßnahmen, sagen wir, in nicht unparteiischer Art und Weise geleistet wurden. Ich habe an einer Menge von Schulbauaktionen teilgenommen. Aber es war deprimierend zu beobachten, wie Schulen dann immer wieder von den Aufständischen verbrannt wurden.

Doch Thörner geht weiter: Er verdeutlicht, wie die Bundeswehr und ihre militärische Aufklärung die Warlords nutzt. Doch dabei wird sie selbst ebenso wie das amerikanische Militär von Warlords und der afghanischen Regierung instrumentalisiert, um Gegner auszuschalten. Die amerikanische Aufstandsbekämpfung bediene sich der kolonialen Machtstrategien. Dazu zitiert Thörner Abaceen Nasimi, Projektleiter beim Institute for War and Peace Reporting:

Das große Problem dabei ist: Dieses Modell folgt dem alten schmutzigen Teile-und-Herrsche-Prinzip. Man spaltet Gemeinden auf der Grundlage ethnischer, ideologischer oder anderer Unterschiede. Aber das wird die Lage nicht stabilisieren. Langfristig wird es eine Gesellschaft zerstören.

Das Ergebnis sind innere Konflikte. Im Irak wurden diese jedoch auch durch zahlreiche Anschläge ausgelöst, deren Verursacher meist im Dunkeln blieben.

Statt gemeinsam die US-Armee anzugreifen, bekämpften sich die Milizen der Schiiten und Sunniten nun untereinander. Ein wichtiger Erfolg der alliierten Aufstandsbekämfungsstrategie.