Presseschau Konzepte

Christliche Untugend

Umkämpfte Arbeitnehmerrechte in den Kirchen

Immer wieder treten die christlichen Kirchen als Mahner für ein soziales Miteinander in der Gesellschaft auf. Geht es aber um ihre eigenen Beschäftigten, in Deutschland immerhin 1,3 Millionen Menschen, sieht es anders aus. Dank des sog. »Selbstordnungsrechts« haben diese wesentlich weniger Rechte als ihre Kollegen in anderen Einrichtungen: Sie dürfen nicht streiken, ihre Verträge werden nicht durch Gewerkschaften ausgehandelt, und die innerbetriebliche Mitbestimmung ist ebenfalls geringer. Das hat unter anderem erheblich geringere Löhne zur Folge. Die Gewerkschaft Verdi versucht daher mit zahlreichen Aktionen diesen Missstand speziell in der evangelischen Diakonie anzugehen – gegen den erklärten Widerstand der Kirchenoberen.

Kinderglaube

Wie radikale Christen in den USA Kinder indoktrinieren

In vielen Regionen der USA hat das Christentum eine Bedeutung, die in Europa kaum noch bekannt ist. Unter den zahlreichen Kirchen haben radikale Sekten steten Zulauf, die ein ultrakonservatives Weltbild predigen und mit zweifelhaften Methoden missionieren. Für sie ist die Bibel wörtlich zu nehmen und nicht zu interpretieren. Die Kreationisten glauben, Gott habe die Welt an sieben Tagen geschaffen und bekämpfen die Evolutionstheorie. Um die Kontrolle über die ihre Kinder zu wahren, werden diese häufig zu Hause unterrichtet.

Die Arte-Dokumentation Jesus Camp zeigt jedoch, wie die Evangelikalen Kinder nicht unterrichten, sondern indoktrinieren. Unverfroren wird die Naivität und Formbarkeit der Kinder als idealer Boden für die eigenen Lehren genutzt. Der Film von Heidi Ewing und Rachel Grady hält sich mit Kommentaren zurück und genügt sich, die Lebenswelt der Missionare im abgeschlossenen Weltbild zu zeigen – gerade dadurch erreicht der Film seine Wirkung. In einer Analyse auf der Arte-Seite werden jedoch die Gefahren für die kindliche Persönlichkeitsentwicklung angesprochen.

Der ungeschickte Schütze und das Kronjuwel

Wie nahe führten Reagans Polemik und sowjetisches Mißtrauen die Welt an den Rand des Atomkrieges?

Während die Kubakrise 1961 das Sinnbild eines drohenden Atomkrieges darstellt und Gegenstand von Kultur und Forschung wurde, ist die Krise um die NATO-Übung Able Archer im Jahr 1983 eher unbekannt. Diese umfassende Übung sollte einen Atomkrieg unter Leitung der NATO-Staatschefs simulieren. In einem Klima wachsenden Mißtrauens zwischen den Supermächten vermutete der KGB hinter der Übung eine Tarnung für einen nuklearen Erstschlag und bereitete einen Reaktion vor. Der amerikanische Präsident Ronald Reagan hatte die Sowjetunion als Reich des Bösen (»evil empire«) bezeichnet, das diplomatische Klima hatte einen Tiefpunkt erreicht. Dies geschah vor dem Hintergrund eines Wettrüstens, der Stationierung der amerikanischen Pershing-II durch den NATO-Doppelbeschluß als Antwort auf die sowjetische Mittelstreckenrakete SS-20. Die Sowjets reagierten auf die Angst vor einem Erstschlag mit dem Programm RJaN zur Aufklärung der Aktivitäten. Weiterlesen … »

Mit Anlauf zur Revolution

Die Vorgeschichte des Aufstandes in Ägypten
Anfänge des Aufstandes: Protestierende Textilarbeiter in Mahalla al-Kubra im Oktober 2008
Anfänge des Aufstandes: Protestierende Textilarbeiter in Mahalla al-Kubra im Oktober 2008 Bild von Per Bjorklund

In der  westlichen Berichterstattung ergab sich zumeist das Bild, der Sturz des Hosni Mubarak in Ägypten sei von jungen netzaffinen Menschen auf dem Tahrir-Platz erkämpft worden, nachdem der Funke der arabischen Revolution von Tunesien übergesprungen war. Doch seit Jahren gährte es bereits in dem bevölkerungreichsten arabischen Land. Die Armut der Mehrheit der Bevölkerung hatte bereits zu einem Unmut über die reichen, korrupten Eliten geführt. Am 6. April 2008 kam es erstmals zum offenen Aufstand in dem von der Baumwollindustrie geprägten Mahalla al-Kubra im Nildelta. Arbeiter hatten hier unabhängige Gewerkschaften gegründet. Aber auch liberale und islamische Poltiker entblößten die gefälschten Wahlen und die Willkür des Regimes. All diese Kräfte versuchten den kleinen Spielraum zu nutzen, den ihnen die Scheindemokratie im Ausnahmezustand ließ. Weiterlesen … »

Zwanzig Jahre später

Ein Besuch in Hoyerswerda
"Demokraten bringen uns den Volkstod." Hoyerswerda 2010
"Demokraten bringen uns den Volkstod." Hoyerswerda 2010 Bild von spreelichter.info

Vor zwanzig Jahren ereignete sich in der sächsischen Kleinstadt Hoyerswerda  das erste gegen Ausländer gerichtete Pogrom im vereinigten  Nachkriegsdeutschland. Junge Neonazis schmissen Steine und Molotowcocktails  auf ein Asylantenheim und nahmen dabei den Tod der Bewohner in Kauf. Die  Flüchtlinge mussten Hoyerswerda später verlassen. Heute, nach zwanzig Jahren, kehren drei von ihnen zurück, um die Stadt zu besuchen. Auf der Straße erleben sie dieselbe Situation wie  damals. Sie werden von einer Gruppe Neonazis angepöbelt und bedroht. Noch  heute hat Hoyerswerda ein Problem mit dem Rechtsextremismus. Dennoch gibt es  auch Fortschritte zu verzeichnen. Seit den Angriffen auf das Asylantenheim  wurden Initiativen gegründet und Projekte ins Leben gerufen. Eine  Ausstellung erinnert, wenn sie auch nicht von einem „Progrom“, sondern  von „Übergriffen“ spricht, erstmalig an die Ereignisse.

Gut vernetzt

Hintergrundinformationen zu „Politically Incorrect“ und der „Neuen Rechten“

Das Blog Politically Incorrect (PI) gilt als Zentralorgan  rechtspopulistischer »Islamkritiker«. Die populärsten Thesen der Autoren des Blogs sind wohl jene von der angeblichen »Islamisierung« Europas  durch eine allmähliche kulturelle Unterwanderung des Westens, der auf diese  Bedrohung nur mit falschem »Appeasement« zu reagieren wisse. So wird auf PI offen gegen Muslime und »Gutmenschen« polemisiert und vor der  Einführung islamischen Rechts in Europa gewarnt - laut den Betreibern des Blogs, vor allem dem Kölner Sportlehrer und PI-Kopf Stefan Herre, aber immer innerhalb der Grenzen, die das Grundgesetz der freien Meinungsäußerung setzt. Die Kommentare, die sich auf der Seite finden, sprechen jedoch eine andere Sprache. Dort sind rassistische und volksverhetzende Äußerungen eher  die Regel als die Ausnahme. Weiterlesen … »

Ein Springer auf dem Schachbrett des Kalten Krieges

War Horst Mahler Agent der Staatssicherheit?

Regine Igel hat in zahlreichen Beiträgen geholfen, ein wenig Licht in die Wirren des Kalten Krieges zu werfen. Ihr letzter Mosaikstein ist eine dreiteilige Reihe auf Telepolis, die dem obskuren Anwalt Horst Mahler gilt, der in zahlreichen politischen Gruppen von rechts- nach linksaußen und zurück aktiv war. Igel sammelt Indizien für eine informelle Mitarbeit Mahlers für die Stasi aus diversen Akten zusammen, um diese in einen schlüssigen Kontext zu stellen. Sie vermutet in Mahler einen zentralen Agenten in Westberlin, der den Einfluß des ostdeutschen Nachrichtendienstes in der Außerparlamentarischen Opposition (APO) sichern sollte. Dabei erscheint Mahler als einer der Architekten der Roten Armee Fraktion. Sollte sich dieses Bild bestätigen, müsste die Geschichtsschreibung nicht unwesentlich korrigiert werden: Die Anschläge der RAF wären somit weniger ein Resultat der Radikalisierung der Studentenbewegung als vielmehr ein Produkt der Nachrichtendienste. Pikant ist dabei die enge Verbindung Mahlers zum Verfassungsschutzspitzel Peter Urbach, möglicherweise ein Doppelagent. 

Inhalt abgleichen