Presseschau Beitrag

Halbe Sachen?

Nochmals zum Vorschlag einer Vermögensabgabe des DIW

Stefan Bach, Autor der aufsehenerregenden Idee einer einmaligen Vermögensabgabe, nimmt in einem Beitrag für die Zeit Stellung zu den Vorwürfen der Medien und Ökonomen. Vielfach wurde sein Vorschlag als »Enteignung«, als »naiv und gefährlich« oder - mittlerweile allerorten ein fragwürdiges Standardargument - als abträglich für das Vertrauen der Märkte bezeichnet. Dem entgegnet Bach: Jede Steuer ist als Zwangsabgabe ohne direkte Gegenleistung de facto eine Enteignung, also auch beispielsweise die Mehrwertsteuer - die aber untere Einkommensgruppen weit überproportional belastet. Enteignungen sind auch vom Grundgesetz gedeckt, so lange eine Verhältnismäßigkeit gewährleistet bleibt. In den letzten Jahren haben Vermögende ohnehin von Reformen im Steuerrecht massiv profitiert. Im Übrigen würden mögliche Staatspleiten oder ein Ende des Euros Reiche weit mehr kosten als diese Maßnahme.

Kommentar

Bis dahin kann man dem Autor durchaus folgen; seine Argumente sind schlüssig und treffend. All das hätte man aus den Reihen der etablierten Ökonomen dieser Republik ja eigentlich kaum mehr erwartet. Umso ärgerlicher dann der Schluss des Artikels: Hier bezeichnet Bach Fiskalpakt und Schuldenbremse als »wichtige Schritte« aus der Krise. Die Südländer werden ohne weitere Erläuterung für ihre Schuldenberge selbst verantwortlich gemacht. Kein Wort also zu den deutschen Exportüberschüssen, zu Lohndumping etc.

Auch wenn der Vorschlag von Bach also zunächst ungewohnt radikal klingt: Eigentlich steht er nicht so weit ab vom volkswirtschaftlichen Mainstream, wie es scheinen mag. Es ist ohnehin äußerst fraglich, ob eine einmalige Vermögensabgabe wirklich die Probleme nachhaltig lösen könnte. Denn die niedrigen Reallöhne, die prekären Beschäftigungsverhältnisse, die weiter unregulierten Finanzmärkte und anderes mehr blieben ja davon unangetastet. Sicher: Bach will auch nur Erste Hilfe leisten für die maroden Staatshaushalte in Deutschland und anderen europäischen Ländern. Aber derart isolierte Maßnahmen würden letztlich wohl relativ wirkungslos verpuffen. Gefragt ist jetzt ein ganzes Bündel an Veränderungen. Dazu gehören neben einem sozialen Umbau des Steuersystems eine Zurückdrängung von Leiharbeit, Werkverträgen und die Abkehr von der unseligen Agenda 2010. Unverzichtbar sind ein drastisches Gesundschrumpfen des Finanzsektors und eine wirksame Regulierung und entscheidende Begrenzung von Spekulationsgeschäften. Ein europaweites öffentliches Investitionsprogramm zugunsten von Bildung und ökologischer Infrastruktur würde zugleich die Arbeitslosigkeit verringern, Zukunftschancen eröffnen und die Ungleichgewichte in der Union abbauen. Finanziert würde es mit eben den Einnahmen aus der Steuerreform.