Presseschau Beitrag

Meine Stadt, Deine Stadt

Das Phänomen urbaner Aufwertung im internationalen Vergleich
Alte Brachen und neue Bauten im Londoner Hackney Wick
Alte Brachen und neue Bauten im Londoner Hackney Wick Bild von Emily Webber

Ein Trend eint viele europäische Metropolen: Künstler nutzen brachliegende oder verarmte Stadtviertel als günstigen Wohn- und Arbeitsraum. Durch den kreativen Charme werden diese Quartiere für Investoren erst interessant. Deren Spekulation mit und Investitionen in den Stadtraum führen zu sprunghaften Mietsteigerungen. Am Ende können sich weder die Künstler noch die ansässige Bevölkerung die Mieten noch leisten. Die Künstler ziehen in ein anderes Viertel und das Spiel beginnt von vorn. Claudia Dejá hat auf Arte in einer knappen Stunde einen Vergleich zwischen London, Paris, Hamburg und Berlin gezogen. Dieses als Gentrifizierung bezeichnete Phänomen wird zur Zeit heiß diskutiert. Der Beitrag ist anschaulich, läßt jedoch analytische Tiefe vermissen.

Kommentar

Das Problem urbaner Aufwertung ist durchaus bedeutsam: So besteht ein Zusammenhang zwischen der Tatsache, daß selbst Bessergestellte in Paris schwer bezahlbaren Wohnraum finden, und dem Niedergang des vormaligen kulturellen Leuchtturms.

Doch wird die Aufwertung oder Gentrifizierung von Stadtraum zumeist als unaufhaltsamer Prozess dargestellt. Dabei wird jedoch nicht der Grund für Kapitalverwertung in Immobilien erforscht. Desweiteren wird vergessen, daß die Politik in den Städten bezahlbaren Wohnraum als Priorität weitgehend aufgegeben hat: Die Forderung nach der Rückkehr zu alten und der Entwicklung von neuen politischen Instrumenten wird zuweilen gar nicht erst gestellt. Sicherlich ist die Frage nach der Rolle der Künstler für die Aufwertung hochgradig spannend; doch man läuft Gefahr, das Problem zu personalisieren, ohne die zugrunde liegenden Strukturen zu verstehen.