Presseschau Beitrag

Land ohne Ruhe

Haiti nach dem Erdbeben
Zerstörtes Viertel <br/>Foto von UNDP
Zerstörtes Viertel Foto von UNDP

Der kleine Staat Haiti war bis zu dem verheerenden Erdbeben aus dem Bewußtsein der Weltöffentlichkeit trotz seiner Misere und seiner Armut verschwunden. Das hat sich nun schlagartig geändert. Der Tagesspiegel und die taz berichten von den Folgen des Erdbebens, welche das ohnehin geplagte Land zerstörte. Die Entwicklungsorganisation der Vereinten Nationen hat eine beeindruckende Bilderserie zur Verfügung gestellt. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung blickt zurück auf die Amtszeit des ehemaligen Präsidenten Jean-Bertrand Aristide, welcher den Notstand gern nutzen würde, um wieder einzureisen. Der ARD Weltspiegel berichtet über die Rolle der USA als Hilfsmacht.

Kommentare

Eindämmung der Flut. Warum ist Haiti so "arm" und "instabil?

In one of the most impressive propaganda exercises in modern times, they were able to make the equation of Aristide and Duvalier look like a self-evident cliche.

Though the French demand [Kompensation für 'verlorene' Sklaven] was eventually cut from 150 to 90 million francs, by the end of the nineteenth century Haiti's payments to France still consumed around 80% of the national budget. France received the last payment in 1947.

Professor Peter Hallward hat ein Buch geschrieben, um das niemand herum kommt, der beanspruchen will, die politische und wirtschaftliche Situation in Haiti heute angemessen zu beurteilen. Sein Titel:

Instruktiv ist auch dieses Interview mit Aristide.

SZ: Haiti. Napoleons Schmach.

Haiti bezahlt immer noch für seine Befreiung vor 200 Jahren. Auch damals nahmen die Wichtigen der Welt den Insel-Staat nicht ernst.

Vor dem Hin­ter­grund des Erd­be­bens auf Hait stellt sich ein mal mehr wie­der die Frage: Kön­nen sol­che Ka­ta­stro­phen vor­her­ge­sagt wer­den, gibt es An­zei­chen für ein be­vor­ste­hen­des Beben?

Auf den Stra­ßen lie­gen blut­über­ström­te Ver­letz­te, und selbst der Prä­si­den­ten­pa­last liegt in Trüm­mern: Nach dem schwers­ten Erd­be­ben in Haiti seit 200 Jah­ren sind al­lein in der Haupt­stadt Hun­der­te von To­des­op­fern zu be­fürch­ten. Ein Kri­sen­stab prüft, ob auch Deut­sche be­trof­fen sind.

Deutschlandfunk Hintergrund: Eine historische Chance

Der Wiederaufbau von Haitis Hauptstadt Port-au-Prince wird lange dauern. Fast ein Jahr lang werden die Bewohner vermutlich noch von Nahrungslieferungen der Hilfsorganisationen abhängig sein. Doch aus der Katastrophe kann sich für das arme Land auch die Chance für einen Neuanfang ergeben.

Haiti: junge Welt vs. SWP

  • Stiftung Wissenschaft und Politik: Haiti: Was kommt nach der Katastrophenhilfe? Optionen für die internationale Gemeinschaft, von Günther Maihold, 9.1.2010, 4 Seiten
  • Stiftung Wissenschaft und Politik: Haiti:  Wer rettet Haiti? Perspektiven für einen gescheiterten Staat. 9.4.2004, 8 Seiten

vs.

  • junge Welt: Die Rekolonisierung Haitis. Wie der Westen die durch das Erdbeben ausgelöste Katastrophe nutzt, um in dem Karibikstaat die Kontrolle zu übernehmen. Von Sabine Lösing und Jürgen Wagner. Auch auf der Seite der AG Friedensforschung der Uni Kassel

Überall wird derzeit, wie beispielsweise von der die Bundesregierung beratenden »Stiftung Wissenschaft und Politik«, bemängelt, Haiti sei »kaum zur Selbsthilfe fähig«.  Dies sei der Grund, weshalb darüber nachgedacht werden müsse, das »Modell des internationalen Treuhandsystems (…) für den Fall versagender Staaten wiederzubeleben«. Erwogen wird ein »internationales Protektorat«, in dem westliche Akteure »essentielle Regierungs- und Verwaltungsfunktionen wahrnehmen«.

Geflissentlich wird dabei ausgeblendet, daß der Westen mit seiner Politik maßgeblich für die schreckliche Lage im Land verantwortlich ist. Mit anderen Worten: Die US-amerikanischen und europäischen Architekten der Krise erteilen sich nun eigenmächtig das Mandat, eine »feindliche Übernahme« Haitis in die Wege zu leiten. Mehr noch, die Europäische Union mißbraucht darüber hinaus die Lage dazu, eine umfassende Militarisierung des Katastrophenschutzes auf den Weg zu bringen. Geschützt werden in Haiti aber die westlichen Interessen und nicht die dort lebenden Menschen.