Medium Fernsehen

Schmutzige Tricks vor Damaszener Kulisse

Wer steckt hinter dem Giftgaseinsatz in Damaskus?
Alejandra Covarrubias
"We know that the regime has produced thousands of tons of chemical agents, including mustard gas, sarin nerve gas, VX nerve gas." George W. Bush, 2002 Bild von Alejandra Covarrubias

Die Faktenlage ist nebulös und schal: Anscheinend wurde am 21. August 2013 in Damaszener Vororten eine Form von Giftgas eingesetzt. Darauf deutet sowohl, dass weder Regierung noch Rebellen einen solchen Einsatz bestreiten, sondern sich gegenseitig beschuldigen, als auch ein Bericht der Ärzte ohne Grenzen, welcher von 355 Toten spricht – einem Zehntel der 3600 von »neurotoxischen Symptomen« betroffenen Patienten in umliegenden Krankenhäusern. Während also äußerst wahrscheinlich ein Giftgas eingesetzt wurde, ist die Frage wer dies zu welchem Zweck getan haben soll, vorerst völlig unklar. Weiterlesen … »

»Curveball«

Wie ein windiger Informant zum Irakkrieg beitrug

Vor zehn Jahren begann der Angriff einer US-geführten Koalition auf den Irak. Eine wichtige Begründung dafür lieferte ein in Deutschland lebender Exiliraker, der in Geheimdienstkreisen als »Curveball« bekannt war. Ein Curveball ist im Baseball ein extrem schwierig geworfener Ball - und genauso schwierig war der Umgang mit dem Informanten, da es keinerlei Bestätigungen für seine Schilderungen gab. Tatsächlich gab es weder die mobilen Chemiewaffenlabore, noch die Waffenfabrik, in der er gearbeitet haben wollte. Schon im Vorfeld des Irakkrieges warnten sowohl der BND als auch US-Geheimdienstler vor dem Informanten, den sie als sehr unzuverlässig einschätzten. Aber seine Berichte schafften es bis in die berüchtigte Präsentation des Außenministers Powell vor dem UN-Sicherheitsrat. Weil sie die fadenscheinige Begründung für einen gewollten Krieg lieferten.

Außer Kontrolle

Ein kurzer Zwischenstand zur Serie des Versagens deutscher Sicherheitsbehörden
Das neue Logo des Bundesamts für Verfassungsschutz soll ein Zeichen für mehr Transparenz setzen
Das neue Logo des Bundesamts für Verfassungsschutz soll ein Zeichen für mehr Transparenz setzen Bild von florriebassingbourn

Ließe man die Rolle des Verfassungsschutzes bei dem Skandal um den NSU-Komplex außer Acht, so sind bereits die Versäumnisse der Fahndung durch die Polizei kolossal. So fand die Polizei 1998 in der vom Zwickauer Trio zur Bombenbauwerkstatt umfunktionierten Garage in Jena ein Adressbuch, das zum Umfeld der Gruppe in ihrem Versteck in Chemnitz sowie nach Nürnberg, dem ersten Tatort der Mordserie, führte. Mit einem der eingetragenen Kontakte soll Beate Zschäpe nach dem Abtauchen des Trios gar kurzzeitig liiert gewesen sein, doch diese vielsagende Kartei wurde als irrelevant eingeschätzt. Ebensowenig wurde ein 2000 bei eben diesem Mann beschlagnahmtes Adressbuch genutzt, in dem die Namen des Zwickauer Trios inklusive Umfeld eingetragen waren. Bei dem Bombenanschlag in Köln 2004 hätte schlicht der Abgleich einer Tatmitteldatei, also die Prüfung des verwendeten Sprengsatzes, die Namen des Zwickauer Trios ausgespuckt. Und bei der Ermordung der Polizistin Michelle Kiesewetter 2007 in Heilbronn wurde die Überprüfung der bei der Ringfahndung notierten Kennzeichen unterlassen, unter denen sich offenbar das Wohnmobil der Gruppe befand. Weiterlesen … »

Sabotage oder Scheitern?

Berichte zu nicht verfolgten Spuren geben dem NSU-Fall eine neue Dimension
Polizei, Verfassungsschutz und Staatsanwaltschaft ermitteln mit allen Mitteln gegen rechten Terrorismus
Polizei, Verfassungsschutz und Staatsanwaltschaft ermitteln mit allen Mitteln gegen rechten Terrorismus Bild von buck82

Ein halbes Jahr ist mittlerweile seit der Aufdeckung des rechtsradikalen Terrorismus des NSU in Deutschland vergangen. Seitdem wurden viele Mosaiksteine des Falls enthüllt. Doch in diesem Prozess bleibt unklar, inwieweit die zumeist geheimen Informationen gezielt in den Medien lanciert werden, hier also eine gezielte Indiskretionspolitik betrieben wird, oder ob es sich um einen Versuch handelt, nachträglich Transparenz herzustellen. Umstritten bleibt auch die Frage nach den Gründen für das Scheitern der Ermittlungen. Zwei Berichte, die bei der Süddeutschen Zeitung1 und bei Frontal21 erschienen, erweitern das Augenmerk auf die Blindheit der Ermittlungsbehörden um eine neue Dimension.

So lassen Thomas Reichert und Ulrich Stoll im ZDF in nachgestellten Szenen erkennen, daß trotz eindringlicher Zeugenaussagen die Spur zu zwei Radfahrern an den Tatorten entgegen jeder Professionalität fahrlässig ignoriert wurde. Der Beitrag vermittelt den Eindruck, Spuren seien – auch über die Perspektive des nachträglichen Wissens hinaus – ungenügend verfolgt worden. Eben mit dieser Fragestellung beschäftigt sich auch die Süddeutsche Zeitung: So zeige ein internes Auswertungsschreiben über die Arbeit der »Soko Bosporus« die Zerstrittenheit der verschiedenen Ermittlungsbehörden. Demnach haben gerade fränkische Staatsanwälte und Ermittler mit nachdrücklicher Vehemenz der Spur zu Fahrradfahrern und in die rechte Szene entgegengewirkt.

  • 1. Der vollständige Beitrag unter dem Titel »Neben der Spur. Anatomie eines Staatsversagens« ist nicht online erschienen, sondern in der Süddeutschen Zeitung vom 5.5.2012

Gefangen im Atomdorf

Eine Reportage über Japans allmächtige Nuklearlobby
Aufräumarbeiten in Fukushima an der einsturzgefährdeten Einheit 4
Aufräumarbeiten in Fukushima an der einsturzgefährdeten Einheit 4 Bild von Tepco

Schon ein ganzes Jahr muß sich Japan mit den Folgen eines Erdbebens herumplagen, welches das Vorstellungsvermögen in allen Prognosen sprengte. Johannes Hano beschäftigt sich im ZDF mit den Auswirkungen der Nuklearkatastrophe von Fukushima. Die Gefahren in dem Kraftwerkskomplex sind nicht gebannt, denn in den Abklingbecken des vierten Meilers lagern Brennstäbe, denen bei einem erneuten Beben der Einsturz droht. Die Folge wäre eine Kernschmelze unter freiem Himmel.

Der Bericht erscheint als Anklage gegen die japanische Atomlobby. Denn die systematische Schlamperei des Betreibers TEPCO wurde durch das »Atomdorf« gedeckt: einem Kartell aus Stromkonzernen, ihren Aufsehern, Wissenschaft und Politik. In Drehtürmanier werden Aufseher zu Managern und Manager zu Aufsehern, widersprüchliche Meinungen werden unterdrückt. Dieses Kartell ist laut dem ZDF-Report für die Katastrophe maßgeblich verantwortlich, denn die Risiken der Atomenergie durch Erdbeben wurden heruntergespielt. Hano spricht mit zahlreichen Experten – in einem ausführlichen Interview äußert der damalige Premier Naoto Kan schwere Vorwürfe gegen die Atomlobby. Weiterlesen … »

Byzantinische Ränkespiele in Rom

Indiskretionen im Vatikan zeugen von harten Machtkämpfen
Byzantinische Ränkespiele in Rom
Bild von Michal Osmenda

Wer hätte das gedacht: Die verfeindeten Fraktionen im Vatikan nutzen die Öffentlichkeit, um durch geleakte Papiere ihre Streitigkeiten auszutragen. So landete bei der italienischen Zeitung Il Fatto Quotidiano ein Papier vom 30.12.2011, in dem der sizilianische Kardinal vom sicheren Tod des Papstes in diesem Jahr munkelt: »Der Heilige Vater befasse sich im Geheimen mit der Frage seiner Nachfolge«, für die er den Mailänder Kardinal Angelo Scola vorgesehen habe. Zwar ist das Papier authentisch, doch der Inhalt mag zu einem Intrigenspiel gehören, das sich gegen den Sekretär des Papstes Tarcisio Bertone richtet. Souverän spürt Jörg Bremer für die FAZ den komplexen Machtverhältnissen im Kleinstaat Vatikan nach. Dazu bietet Stefan von Kempis vom Vatikanradio im Deutschlandfunk einige Grundlektionen der Welt rund um den Petersdom. Weiterlesen … »

Tote Zeugen

Die Europäische Union scheitert am Aufbau eines Rechtsstaats im Kosovo
Zigarettenschmuggel im Kosovo
Zigarettenschmuggel im Kosovo Bild von blandm

Kaum jemand würde den Kosovo als funktionierenden Rechtstaat bezeichnen. Die organisierte Kriminalität ist nach der Ausrufung der Unabhängigkeit 2008 nach wie vor ein wichtiger Wirtschaftszweig. Dazu zählt der Schmuggel von Drogen und Zigaretten in die EU. Die regierende Demokratische Partei (PDK) des Premierministers Hashim Thaçi wird immer wieder in Verbindung mit kriminellen Geschäften gebracht. Daneben werden Politiker der Partei, die die politische Nachfolgeorganisation der Rebellenarmee UÇK ist, Kriegsverbrechen vorgeworfen. Doch der ehemalige Premier Ramush Haradinaj musste bei einem Kriegsverbrecherprozess in Den Haag freigesprochen werden, weil von zehn Zeugen nur noch einer lebte. Ein geheimes Papier des Bundesnachrichtendienst sah ihn zudem in Drogen- und Waffengeschäfte verwickelt.

Daher weist eine Reportage von Frontal21 auf die wichtige Rolle des Zeugenschutzprogrammes der Europäischen Rechtsstaatlichkeitsmission EULEX hin. Doch das Programm schützt und betreut seine Klienten nur mangelhaft. Ein Zeuge wurde in einem Park in Duisburg erhängt aufgefunden, nachdem er sich über das Programm beschwerte. Der ZDF-Bericht beklagt somit den mangelnden Willen der Schutzmächte, im Kosovo mit der Vergangenheit aufzuräumen und für rechtsstaatliche Verhältnisse zu sorgen.

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