Presseschau Atomkraftwerk

Brücke ins Nichts

Die Risiken der Atommeiler in Deutschland

Die Diskussion über Atomenergie in Deutschland ist voll entbrannt. Rommy Helm blickt für 3sat Nano zurück auf die Geschichte von Störfällen in Deutschland. So kam es gerade bei alten Meilern wie Biblis B und Brunsbüttel zu Vorfällen, die eher durch Glück günstig verlaufen sind. Zu ergänzen sei diese Chronologie mit dem Verweis auf einen möglichen Nuklearunfall in der GKSS-Forschungsanstalt im September 1986, der für die hohe Zahl an Leukämiefällen in der Elbmarsch verantwortlich gemacht wird.

Auf die Risiken der ursprünglich geplanten Laufzeitverlängerung weist Report Mainz hin: Denn AKWs als »Brücktechnologie« zu nutzen bedeutet die Schwankungen der erneuerbaren Energien auszugleichen. Für diesen flexiblen Betrieb sind Atomkraftwerke jedoch nicht vorgesehen, er führt zu verstärkter Abnutzung und somit zu größeren Risiken. Die Autoren berufen sich dabei auf eine Studie, die der ehemalige Chef der Bundesatomaufsicht, Wolfgang Renneberger, für Greenpeace erarbeitet hat.

Boom und Katastrophe

Die Zukunft der Atomenergie
Anti-Atom-Demonstration in Berlin, 12.3.2011 <br/>Foto von Frank Eßers
Anti-Atom-Demonstration in Berlin, 12.3.2011 Foto von Frank Eßers

Noch immer ist unklar, wie schwerwiegend die Probleme im japanischen Kraftwerk Fukushima I sind. Angesichts der drohenden Katastrophe ist jedoch die Diskussion über die Zukunft dieser Technologie neu entbrannt. Jedenfalls in Deutschland.

In Asien dagegen schreitet der Bau von neuen Meilern weiter voran. So sollen allein in China zahlreiche Kraftwerke errichtet werden, ebenso in Russland und Indien. Und andere Länder denken über den Einstieg nach oder haben diesen bereits beschlossen. Die weltweiten Reaktionen auf den Unfall sind jedenfalls recht unterschiedlich.

Langzeitfolgen

Eine neue Studie zur Auswirkung von Strahlung durch Kernkraftwerke
Eine der signifikantesten Abweichungen wurde um das <a href="http://www.dasdossier.de/presseschau/macht/netzwerke/angereichertes-material">Atomkraftwerk Krümmel</a> festgestellt <br/>Foto von Rainer Zimmermann
Eine der signifikantesten Abweichungen wurde um das Atomkraftwerk Krümmel festgestellt Foto von Rainer Zimmermann

Die Auswirkungen der Atomenergie sind gelinde gesagt umstritten. Wenig erforscht ist dabei die Auswirkungen von niedriger Bestrahlung auf lange Zeit, wie sie im Umfeld von Atomanlagen auftreten kann – so genannte radioaktive Emissionen im Normalbetrieb. Somit ist auch unklar, welche Grenzwerte kritisch sind. Eine Studie von drei Forschern des Münchener Helmholtzzentrums untersucht das Verhältnis der Geburtenzahl von Jungen und Mädchen. Demnach hatte die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl in Europa zu einer erhöhten Anzahl von Jungen im Verhältnis zu Mädchen geführt. Laut der Studie soll dieser Effekt, ebenso wie ein erhöhtes Kinderkrebsrisiko, auch im Umfeld von Kernkraftwerken in Deutschland und der Schweiz auftreten. Die Forscher weisen allerdings darauf hin, daß für die Bestätigung des Befundes umfassenderes statistisches Material notwendig sei: Dann würde dieser unweigerlich großen Einfluß auf die Debatte über die Kernenergie haben.

Zuviel des Guten

Es droht ein Überangebot an Strom

Die Laufzeiten der Atomkraftwerke wurden gerade verlängert. Zur Begründung heißt es von Seiten der Bundesregierung, sie seien als »Brückentechnologie« unverzichtbar. Gleichzeitig werden jedoch neue Kohlekraftwerke gebaut, etwa in Hamburg. Und der Anteil der Erneuerbaren Energien steigt stetig.

Was wird die Folge sein? Der Preis des Stroms könnte so weit sinken, dass die grünen Technologien nicht mehr konkurrenzfähig sind – oder ein Ende der besonders emissionsträchtigen Braunkohle.

Brücke in eine goldene Zukunft

Atomausstieg vertagt

Angela Merkel hat nun erstmals angedeutet, wie lange die Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke verlängert werden sollen – über die bisherige Regelung hinaus, die ein Ende spätestens 2022 vorsah.

Der Strompreis werde durch die Verlängerung aber nicht spürbar sinken, sagen Experten. Zudem würde so die Umorientierung zu erneuerbaren Energien keineswegs gefördert. Statt der angemessenen Würdigung als »Brückentechnologie« handelt es sich wohl eher um den Erfolg einer starken Lobby des hiesigen Stromoligopols.

Strahlende Zukunft

Neue Atomkraftwerke in Finnland und Frankreich
Der Reaktor Olkiluoto 3 im Bau <br/>Foto von bbcworldservice
Der Reaktor Olkiluoto 3 im Bau Foto von bbcworldservice

Einerseits ist Finnland auf dem Weg erneuerbarer Energien weit vorangekommen, andererseits wurde nun der Bau von zwei neuen Kernkraftwerken vom Parlament verabschiedet. Das ist aber ein sehr umstrittenes Vorgehen, denn offenbar soll der so erzeugte Strom vor allem im Ausland verkauft werden, wovon auch der deutsche Teilhaber E.ON profitieren wird. Zusätzliche Anreize bietet das dortige Subventionsmodell. Leidtragender wird wohl die grüne Energie sein, die nun durch das Überangebot an Strom kaum zu kostendeckenden Preisen produziert werden kann.

Schon während des Baus zeigen sich ernsthafte Sicherheitsmängel an den Meilern des neuen Typs »European Pressurized Water Reactor«, der eine deutsch-französische Gemeinschaftsentwicklung ist. Und auch die Kosten haben sich in den letzten Jahren nahezu verdoppelt.

Zeit der Weichenstellungen

Der verbissene Streit um die Zukunft der Energieversorgung
Kohlekraftwerk Ensdorf <br/>Foto von Wolfgang Staudt
Kohlekraftwerk Ensdorf Foto von Wolfgang Staudt

In Deutschland tobt eine rege Debatte um die Zukunft der Energieversorgung – um Kohle, Atomenergie sowie nachhaltige Energieträger. Dabei spielen offenbar die Koalitionsoptionen in Nordrhein-Westfalen eine Rolle: Die Energiepolitik wird zum Weichensteller deutscher Innenpolitik. Frontal21 thematisierte die Doppelzüngigkeit der Energiepolitik der CDU in dem Bundesland. Offiziell werden nachhaltige Energieträger bevorzugt, in der Realität wurde in Rüttgers Regierungszeit aber der CO²-Ausstoß erhöht und einzelne Gesetze für Kohlekraftwerksprojekte geändert. Deutschlandfunk Hintergrund dagegen schaut auf geplante Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke und die Reaktionen der Atomkraftgegner. Weiterlesen … »

Inhalt abgleichen