Presseschau Beitrag

Die Macht der Silowiki

Wie die Geheimdienste Russland beherrschen
Wladimir Putin <br/>Foto von Antonis SHEN
Wladimir Putin Foto von Antonis SHEN

Die Sendung Russland – im Visier des Geheimdienstes des ORF Weltjournals ist ein Dossier der Vorwürfe gegen den Kreml unter Putin: Die Macht der Silowiki (Geheimdiensteliten) beherrsche den russischen Staat und schrecke vor Mord an Oppositionellen, Journalisten und Kritikern nicht zurück. Möglicherweise seien einige Spezialkräfte außer Kontrolle geraten. Der FSB habe sich wie eine Prätorianergarde als Staat im Staat etabliert. Beweise liefert der Beitrag freilich nicht, die Indizien und Zeugenaussagen für Morde im Staatsauftrag und die Inszenierung von Terroranschlägen sind allerdings gewichtig.


Tatsächlich deutet vieles darauf hin, daß nach dem Niedergang und der Ausplünderung Russlands in der Jelzin-Zeit die Bereitschaft der ehemaligen deklassierten Geheimdiensteliten hoch war, das Land mit allen Mitteln vor dem Niedergang zu »retten«. Denn das war die fatale Botschaft der 90er Jahre: Demokratie bedeutet Chaos und Schwäche.

Leider hat der Westen dieser Entwicklung mit der Befürwortung radikaler Marktreformen und offenkundigen Ausnutzung der Lage durch seine Nachrichtendienste Vorschub geleistet und somit dem stillen Coup d'Etat durch die Geheimdienstgemeinde eine Grundlage gegeben: einerseits durch innere Legitimation der autoritären Eliten, das Land wieder aufzubauen, anderseits durch das Leiden der Bevölkerung, die nach der puren Not einer ganzen Dekade keine demokratischen Ambitionen mehr hatte.

Die neuen und auch alten Eliten liefern jedoch kein einheitliches Bild; diese Annahme ermöglicht erst das Zerrbild einer Bereitschaft zu den kalten Morden aus Staatsraison. Daß die Morde auf das Konto russischer Nachrichtendienstkreise gehen, daran kann wenig Zweifel bestehen, denn es gibt schlicht keine alternativen Verdächtigen, die solch komplexe Operationen in so großer Zahl verüben können. Putin hätte nicht gezögert, Schuldige zu nennen, wenn er Anhaltspunkte gehabt hätte, daß ausländische Dienste oder Oligarchen involviert sind. Das Interview mit Thomas Roth hat dies deutlich gemacht.

Vielmehr wahrscheinlich erscheint, daß in der Nachrichtendienstgemeinde nicht nur eine Fraktion existiert, und die Radikaleren von ihrem Handeln nicht abgehalten werden können. Die Präsidentschaft Medwedews deutet darauf hin, daß Putin nicht zu diesen zählt, aber diesen nachgibt, wenn sein Einfluß bedroht ist. Das Vorhandensein zweier entgegensetzter Fraktionen, die ihre Auseinandersetzungen nicht öffentlich führen, hat nicht zuletzt der Fall der Arctic Sea gezeigt.

Seit dem Machtwechsel von Putin zu Medwedew liefern sich die Sicherheitsdienste einen Machtkampf um die Vorherrschaft, vom lautlosen Krieg der Geheimdienstler ist die Rede.

– WDR5 Feature Top Secret! Geheimdienste: FSB