Presseschau Verfassungsschutz

Angeleiteter Terror

Verstrickungen von Geheimdiensten in terroristische Strukturen haben in Deutschland eine lange Geschichte

Da die Ermittlungen zur atemberaubenden Anschlagserie der Gruppe namens Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) noch laufen und dabei ständig neue Aspekte an Licht kommen, fällt eine Einordnung bislang schwer. Die Zeit führt in ihrer aktuellen Ausgabe einige handfeste Indizien für eine Verwicklung von Behörden in den Fall an: Dabei sticht besonders der vormalige Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes Helmut Roewer hervor, dem rechtsradikale Positionen nachgesagt werden. Den Einstieg in die radikale rechte Szene fanden einige der NSU-Mitglieder allerdings im Thüringer Heimatschutz, der von einem V-Mann eben dieses lokalen Verfassungsschutzes (VS) aufgebaut wurde. Daß der VS – entgegen seinem Auftrag zur Beobachtung staatsfeindlicher Gruppierungen – gezielt terroristische Strukturen aufgebaut und gefördert hat, daran erinnert auch Eren Güvercin auf Telepolis anhand einiger islamistischer Gruppen: So wurde die berühmt-berüchtigte Sauerland-Gruppe von einem Hassprediger instruiert, der auf der Gehaltsliste der Geheimdienstler stand. Weiterlesen … »

Ein Springer auf dem Schachbrett des Kalten Krieges

War Horst Mahler Agent der Staatssicherheit?

Regine Igel hat in zahlreichen Beiträgen geholfen, ein wenig Licht in die Wirren des Kalten Krieges zu werfen. Ihr letzter Mosaikstein ist eine dreiteilige Reihe auf Telepolis, die dem obskuren Anwalt Horst Mahler gilt, der in zahlreichen politischen Gruppen von rechts- nach linksaußen und zurück aktiv war. Igel sammelt Indizien für eine informelle Mitarbeit Mahlers für die Stasi aus diversen Akten zusammen, um diese in einen schlüssigen Kontext zu stellen. Sie vermutet in Mahler einen zentralen Agenten in Westberlin, der den Einfluß des ostdeutschen Nachrichtendienstes in der Außerparlamentarischen Opposition (APO) sichern sollte. Dabei erscheint Mahler als einer der Architekten der Roten Armee Fraktion. Sollte sich dieses Bild bestätigen, müsste die Geschichtsschreibung nicht unwesentlich korrigiert werden: Die Anschläge der RAF wären somit weniger ein Resultat der Radikalisierung der Studentenbewegung als vielmehr ein Produkt der Nachrichtendienste. Pikant ist dabei die enge Verbindung Mahlers zum Verfassungsschutzspitzel Peter Urbach, möglicherweise ein Doppelagent. 

Opposition unter Verdacht

Aufgeflogener Polizeispitzel läßt an rechtmäßigem Einsatz verdeckter Ermittler zweifeln

Erstmals seit 8 Jahren ist ein Spitzel aufgeflogen, der in Deutschland in die linke Szene eingeschleust wurde. 2002 eröffnete eine Studentin in Hannover, die es zur Studentensprecherin geschafft hatte, ihren »Freunden« ihre Spitzeltätigkeit. Sie war vom Bundesamt für Verfassungsschutz eingesetzt worden und sollte die linke Szene vor der Expo ausspähen. Jetzt ist in Heidelberg ein Student mit dem Tarnnamen Simon Brenner aufgeflogen: Er wurde erkannt, da er im Urlaub in Frankreich erzählte, daß er für die Polizei arbeitet. Rechtsexperten sehen einen verdachtsunabhängigen Einsatz von Spitzel durch das Landeskriminalamt als illegal an, da das Trennungsgebot von Polizei und Geheimdiensten nicht beachtet werde. Ziel des Einsatzes soll die Heidelberger Antifa gewesen sein, tatsächlich wurden aber Gruppen wie die Studentenorganisation der Partei Die Linke ausgeforscht. Weiterlesen … »

Im Auge des Terrors

Beiträge zur Kontroverse um den Linksterrorismus des Kalten Krieges

Regine Igel untersucht in einer dreiteiligen Serie auf Telepolis die Verbindungen des internationalen Linksterrorismus zur Staatssicherheit der DDR. Diese Verbindung von Terror und Nachrichtendiensten sei seit Mitte der 90er Jahre in der Zeitgeschichtsschreibung in den Hintergrund getreten – zu delikat sei das Thema. Die Autorin geht Hinweisen der Zusammenarbeit deutscher, japanischer und arabischer Linksterroristen nach. Die Recherche in der Stasi-Unterlagenbehörde gestalte sich auch durch die geschickte Verdunklungsstrategie des Dienstes schwierig, zumal auch Stasi-intern Teile der eigenen Arbeit verschleiert wurden. Auch westliche Nachrichtendienste haben  kein Interesse, daß ihre Praktiken durch die Akten sichtbar werden. Dazu gehört auch die äußerst umstrittene Rolle von Verena Becker und ihrer Schwester Annelie. Weiterlesen … »

Netze im Dunkeln

30 Jahre nach dem Oktoberfest-Attentat bleiben offene Fragen
Denkmal auf der Theresienwiese in München
Denkmal auf der Theresienwiese in München

Mit 13 Toten und 211 Verletzten ist das Oktoberfest-Attentat am 26.9.1982 der schlimmste Terroranschlag in der Geschichte der Bundesrepublik. Als einer der Täter wurde Gundolf Köhler identifiziert, der beim Zünden der Splitterbombe starb. Köhler war Mitglied der Wehrsportgruppe Hoffmann, die Teil eines Netzwerkes deutscher und internationaler rechtsradikaler Gruppen war. Dennoch legten sich die Ermittlungsbehörden schnell auf eine Einzeltäterhypothese fest. Dabei wurden zahlreiche Zeugenaussagen ignoriert und Beweisstücke nicht ausreichend ermittelt, die auf eine Zusammenarbeit mit weiteren Tätern deuten. Telepolis interviewt zum Jahrestag den Buchautor Tobias von Heyman, der im vergangenen Jahr ein umfangreiches Buch zum Attentat vorlegte. Weiterlesen … »

Leicht entzündbar

Randnotizen des merkwürdigen Sauerlandprozesses

Deutschlandfunk Hintergrund untersucht anhand der Urteilsverkündung des sogenannten »Sauerlandprozesses« das Profil der Gruppe, die Anschläge in Deutschland geplant haben soll. Bereits im Mai vergangenen Jahres berichtete der Sender über die Ermittlungen. Dabei wurden erstaunliche Details sichtbar. Denn ein riesiger Ermittlungsapparat wurde auf die jungen Männer angesetzt, welche sich allzu dilletantisch und wenig konspirativ verhielten. Der angestrebte Sprengstoff wäre keineswegs tauglich gewesen. Zudem waren einige der Hintermänner offenbar für verschiedene Nachrichtendienste tätig. Diese hätten auch die Zünder besorgt, ohne daß diese Spuren ausreichend verfolgt wurden. Darin kommt auch das seltsame Konstrukt der Islamischen Dschihad-Union zur Sprache, über die wir auf dieser Seite bereits berichteten.

Catch 22 des Verfassungsschutzes

Wie sich die Logik der Überwachung verfängt

Bettina Winsemann berichtet auf Telepolis von den seltsamen Methoden des Verfassungsschutzes. Wolfgang Wetzels Telefongespräche und Post werden observiert, weil er angeblich einem V-Mann seine staatsfeindlichen Absichten erzählt habe. Da bei der Observation nichts herauskommt, werden Gründe gefunden um fortzufahren.

Da es keine weiteren »tatsächlichen Anhaltspunkte« für die Überwachungsmaßnahme gibt, wird von einem stark konspirativen Verhalten der Verdachtsperson ausgegangen.

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