Presseschau Morde

Teufel und Beelzebub

Sind die neuen Machthaber in Libyen besser als die alten?
Die umkämpfte Stadt Sirte
Die umkämpfte Stadt Sirte Bild von ExpoSocialism

Schon seit Beginn des libyschen Bürgerkrieges gab es immer wieder Hinweise, dass – von beiden Seiten – massiv Menschenrechte verletzt wurden. Die NGO Human Rights Watch dokumentiert nun einen aktuellen und besonders schweren Fall. Demnach sind vor wenigen Tagen in Sirte, dem letzten Widerstandsort der Gaddafi-Anhänger, über 50 Tote entdeckt worden. Viele Indizien weisen darauf hin, dass sie nicht im Kampf gefallen sind, sondern regelrecht hingerichtet wurden.

Es stellt sich nun die Frage, ob die neuen Machthaber bewusst Tötungen angeordnet haben. Fraglich sind nach wie vor die Umstände von Gaddafis Tod; offenbar ist man an einer detaillierten Aufklärung nicht interessiert. Möglicherweise sind die Vertreter des Übergangsrates aber auch einfach nicht in der Lage, die zahlreichen Bewaffneten im Land zu kontrollieren. Dazu passt, dass es in der letzten Tagen zu zahlreichen Plünderungen gekommen ist.

Bolivarische Revolution im Drogenkrieg

Venezuela leidet unter ausufernder Kriminalität
Caracas
Caracas

Während die Aufmerksamkeit sich zumeist eher auf Kriege, Bürgerkriege und Aufstände konzentriert, ist die Bilanz der Auseinandersetzung zwischen Drogensyndikaten untereinander und dem Staat in Südamerika verheerender, betrachtet man die Opferzahlen: Während die Gewaltspirale in einigen mexikanischen Bundesstaaten jedes Jahr zehntausende Tote fordert, ist in Venezuela die Zahl der ermordeten auf beinahe 20000 im vergangenen Jahr gestiegen. Silke Pfeiffer zeigt in der Zeit auf, daß es der Regierung von Hugo Chavez nicht gelungen ist, durch ihre Sozialpolitik das Land zu befrieden. Im Gegenteil dulde der Staatspräsident Korruption im Militär, das offensichtlich in den lukrativen Drogenhandel verstrickt ist. Somit zählt Venezuela zu einer ganzen Reihe von Staaten, wie Mexiko, Kolumbien oder Guatemala, deren innere Stabilität von Drogenhandel beeinflußt ist. Die Erkenntnis, daß ein Ende der Prohibition das wirksamste Mittel gegen Drogenkriminalität ist, scheint sich nur langsam durchzusetzten.

Herzen der Finsternis

Seit Jahrzehnten terrorisiert die Lord’s Resistance Army die Zivilbevölkerung mehrerer afrikanischer Staaten

Die berüchtigte Lord’s Resistance Army (LRA) hat ihre Ursprünge im Bürgerkrieg im ostafrikanischen Uganda der 80er Jahre. Seitdem führt die Rebellentruppe unter Joseph Kony Krieg auf eigene Rechnung gegen die Zivilbevölkerung. Der Ruf von Plünderern, Mördern und Vergewaltigern eilt ihr voraus. Dabei zieht sie durch die unwegsamen ländlichen Regionen im Dreiländereck von Uganda, Sudan und Kongo – sie profitiert von der Instabilität der Region. Lange Zeit soll sie von der sudanesischen Regierung Unterstützung erhalten haben, um im sudanesischen Bürgerkrieg gegen den Süden zu kämpfen. Dabei werden in Dörfern Kinder entführt, die gezwungen werden, sich der Truppe anzuschließen. Im Kongo soll sie während des Jahreswechsels 2009/2010 für mehrere Massaker mit hunderten Toten verantwortlich sein. Callum McRae hat für Al Jazeera eine beeindruckende Reportage erstellt, in der er den Spuren der LRA folgt.

Hoffnung auf Aufklärung

Ein Ex-Offizier erinnert an die Verantwortung der Staatsspitze für die politischen Morde der 90er Jahre

Am 3. November 1996 kam es nahe dem westtürkischern  Susurluk  zu dem wohl folgeschwersten Autounfall der türkischen Geschichte: In dem Mercedes, der mit einem Traktor zusammenstoß, saßen u.a. ein hochrangiger Polizeibeamter sowie Abdullah Çatlı, Chef der Grauen Wölfe. Durch den Unfall wurde die Verbindung des Staates zum kriminellen Untergrundnetzwerk der Grauen Wölfe bekannt, die für die Aufstandsbekämpfung in Kurdistan eingesetzt wurden und in die Tötung von tausenden Verschwundenen verstrickt sind. All dies geschah mit der Billigung westlicher Nachrichtendienste, denn die Grauen Wölfe waren Teil des europäischen Netzwerkes Gladio der NATO.

Auf die Anklage eines Obersten in Diyarbakir aufgrund von Morden hat sich nun ein pensionierter Admiral zu Wort gemeldet. Er beklagt im türkischen Fernsehen, daß es sich bei den Morden um Staatspolitik gehandelt habe, für die nun einige Offiziere büßen sollen. Das läßt Hoffnungen aufkommen, daß Licht in dieses dunkle Kapitel der türkischen – und europäischen – Geschichte kommt.

Kokapflanze vergiftet Staat

Der Drogenkrieg in Mexiko und die Rolle des Staates
Armee im Einsatz gegen Drogenhändler in Chihuahua 2008 <br/>Foto von Iker Merodio
Armee im Einsatz gegen Drogenhändler in Chihuahua 2008 Foto von Iker Merodio

In Mexiko tobt ein Drogenkrieg. Seitdem der Präsident Felipe Calderón 2006 an die Macht kam und im Kampf gegen die Drogenkartelle die Polizei durch das Militär ersetzte, schnellte die Zahl der Toten in die Höhe: Über 20.000 Opfer sind seitdem zu beklagen. Das Militär geht dabei auch gegen die Zivilbevölkerung vor und wird des Mordes, der Vergewaltigung und anderer Übergriffe beschuldigt. Doch wie der US-Radiosender NPR herausfand, geht die Regierung selektiv gegen die Kartelle vor – gegen eines wie Sinaloa gar nicht. Spitzen der Regierungspartei werden mit diesem Kartell in Verbindung gebracht. Dabei entgleitet dem Staat im Drogenkrieg mit den Kartellen und zwischen diesen die Kontrolle über einzelne Bundesstaaten. Gleichzeitig tragen die Gewinne einen großen Teil zur Wirtschaftsleistung bei. Die wachsende Bedeutung Mexikos als Kokainerzeuger steht im Zusammenhang mit einer weltweiten Veränderung des Drogenmarktes.

Ein Archipel der Clans

Die Wahlen auf den Philippinen und Hoffnung auf Wandel
Neues Klima in Manila? <br/>Foto von neilalderney123
Neues Klima in Manila? Foto von neilalderney123

Die Macht auf den Philippinen teilen sich einige einflußreiche Familien. Daran ändern auch die jüngsten Präsidentschafts-, Senats- und Gouverneurswahlen nichts, bei denen Benigno Aquino zum neuen Präsideten gewählt wurde. Seine Vorgängerin Gloria Macapagal-Arroyo wird jedoch für über tausend Morde gegen Oppositionelle verantwortlich gemacht. Ihre Macht basierte auf mehreren einflußreichen lokalen Clans, die teilweise über eigene paramilitärische Einheiten verfügen. Sie wiederum nehmen Einfluß auf den Ausgang von Wahlen, indem sie einen fairen Wahlkampf nicht zulassen. Diese Oligarchie festigt das krasse soziale Gefälle. So kann von einer echten Demokratie keine Rede sein.

Auf den neuen Präsidenten werden Hoffnungen gesetzt, daß zumindest das dunkle Kapitel der politischen Morde des vergangenen Jahrzehnts beendet und sogar aufgearbeit wird. Bisher ist von einer Aufklärung allerdings wenig zu sehen.

Inhalt abgleichen