Presseschau Organisationen

Widerspruch im Widerstand

Den Gegensätzen in der russischen Oppositionsbewegung wird bislang aus dem Weg gegangen
Demonstration am 4. Februar in Moskau
Demonstration am 4. Februar in Moskau Bild von Antony Dovgal

Die russische Oppositionsbewegung hat mit ihren Protesten in den vergangenen Monaten erstmals seit vielen Jahren Akzente gesetzt und politischen Einfluß geltend gemacht. Diesem Schritt in die politische Öffentlichkeit folgt die Frage nach den Akteuren: Wer organisiert die Proteste? Einen Einblick gewährt eine Reportage von Ute Weinmann in der Jungle World. Demnach waren Aktivisten der »Linksfront«-Bewegung entscheidend für die Anmeldung der Demonstrationen. Doch mittlerweile sind Liberale und Rechte in das Bündnis eingetreten. Denn die Idee vollständiger Offenheit hat sich bislang in dem Bündnis durchgesetzt. Da die Liberalen besser organisiert sind, indem sie beispielsweise als Erste ein Programm vorlegen konnten, gewinnen sie an Einfluß. Doch es regt sich Widerspruch an dem Offenheitsprinzip, da äußerst rechte Gruppen mit am Tisch sitzen – und Rußland hat ein gravierendes Problem mit Nationalismus.

Die weitere Entwicklung der Oppositionsbewegung bleibt somit offen: Weder haben alle Parteien ihre Ziele deutlich benannt, noch ist klar, welche Vorstellungen sich in dem Bündnis durchsetzen werden. Neben den genannten Akteuren sitzen auch Bürgerinitiativen und diverse andere Gruppierungen mit am Tisch.

Gedankliche Dissonanz

Türkische Nationalisten in Deutschland

Rechtsradikalismus ist immer auch Ausdruck einer Gesellschaft, der es nicht gelingt, ausreichend integrativ zu wirken. Sei es nun sozial oder kulturell. Insofern mag es gar nicht so sehr erstaunen, dass in den letzten Jahren rechtsradikale Denkweisen auch unter türkischstämmigen Mitbürgern zunehmen, besonders bei Jugendlichen. Die nationalistische MHP bedient dabei ihre Klientel mit eher schlichten, emotionalen Botschaften.

Wie kann man Kurden und anderen Minderheiten in der Türkei kulturelle Selbstbestimmungs- und politische Partizipationsrechte verweigern wollen und diese gleichzeitig für einen selbst in Deutschland einklagen? Wie kann man sich gegen pauschale Verdächtigungen verwahren, wie die, dass alle Muslime Islamisten seien, und gleichzeitig alle Kurden zu Terroristen erklären?

Schutz der Verfassung?

Der Verfassungsschutz in der Kritik
Schutz der Verfassung?
Bild von black_caeser

Nach dem Skandal um das Ermittlungsversagen gegen den rechten Terror kommt schon der nächste Fall. Der Verfassungsschutz (VS) überwacht seit Jahren Abgeordnete der Linken, unter anderem Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi, Parlamentsvizepräsidentin Petra Pau und, besonders heikel, Steffen Bockhahn. Letzterer ist in seinem Ausschuss auch für die Kontrolle der Geheimdienste zuständig – wer kontrolliert hier also wen, möchte man da fragen.

Nun hat sich der Skandal aber noch weiter verschärft: Statt wie bisher von Innenminister Friedrich behauptet, werden nicht nur öffentlich zugängliche Quellen ausgewertet, sondern auch andere Mittel der Überwachung angewendet. Das legte schon die Tatsache nahe, dass die von einzelnen Abgeordneten angeforderten Akten teilweise geschwärzt waren. Warum sollte der VS das tun, wenn alle Informationen öffentlich zugänglich wären? Nun hat der niedersächsische VS-Chef eingeräumt, dass »punktuell« auch geheimdienstliche Maßnahmen ergriffen würden. Dazu zählen etwa Telefonüberwachung, V-Leute und ähnliches. Ob damit die Verfassung geschützt oder beschädigt wird, sollte einmal gründlich hinterfragt werden.

Gelbe Gefahr

Eine neue liberale Partei?
Konkurrenz für die FDP?
Konkurrenz für die FDP? Bild von CmdrFletcher

Nicht zuletzt der relativ knapp gescheiterte Mitgliederentscheid zur Eurorettung in der FDP hat gezeigt, dass das liberale Lager im Land in Unruhe geraten ist. Aus linksliberaler Richtung droht Konkurrenz von den Piraten - und rechts entwickelt sich eine neue Alternative: die Freien Wähler. Dabei ist diese keineswegs neu, sondern schon seit Jahrzehnten aktiv. Das allerdings bisher nur in der Kommunalpolitik, wo sie fest verwurzelt ist. Hubert Aiwanger, ihr Chef, versucht sich nun an einer strategischen Neuausrichtung: Hinein in die Parlamente auf Landes-, Bundes- und europäischer Ebene. Dazu will er auch bekannte Köpfe gewinnen, gerade ist der Ex-BDI-Chef Hans-Olaf Henkel eingetreten, möglicherweise folgt ihm bald Paul Kirchhof.

Nicht zuletzt bedingt durch den weitgehend dezentralen Aufbau ist das inhaltliche Profil der FW nicht genau zu bestimmen, Aiwanger selbst bezeichnet sie als liberal-konservativ. Die eigentliche Partei umfasst etwa 5.000 Mitglieder, die Vereinigungen insgesamt, die mit der Partei nur recht lose verbunden sind, aber 280.000. Allerdings hat sich der starke Landesverband Baden-Württemberg wegen der Neuorientierung von der Parteigründung klar distanziert. Weiterlesen … »

Eine terroristisch grundierte Form des Serienmordes

Terror, Pop und der »Nationalsozialistische Untergrund«

Im einen Artikel für den Freitag setzt sich der Filmkritiker und Mitherausgeber des Lexikons zur populären Kultur, Georg Seeßlen, mit dem Verhältnis von Pop und Terror im Allgemeinen und dem »Nationalsozialistischen Untergrund« (NSU) im Besonderen auseinander. Schon immer habe eine derart enge wechselseitige Beziehung zwischen dem Terrorismus und der populären Kultur bestanden, dass man die Frage, ob der Terror der Medien oder die Medien des Terrors wegen da seien, nicht eindeutig beantworten könne. Stets hätten terroristische Bewegungen eine eigene, von der Popkultur beeinflusste, aber auch diese wiederum beeinflussende und auf Öffentlichkeitswirksamkeit abzielende Bildsprache entwickelt. Ziel sei es gewesen, mit Hilfe visueller Erzählungen von heroischen Taten Geschichte zu schreiben. Weiterlesen … »

Jahrmarkt der Knallchargen

Die Selbstdemontage der Kandidaten für die US-Vorwahlen ist unterhaltsam
Bitte nicht füttern: Republikaner bei der Kandidatenkür
Bitte nicht füttern: Republikaner bei der Kandidatenkür Bild von portable soul

Die Repulikanische Partei in den USA sucht nach einem Herausforderer von Barack Obama für die nächsten Präsidentschaftswahlen. Gleichzeitiges Denken und Reden überfordert das Gros des Kandidaten jedoch. So konnte der Texaner Rick Perry sich nicht erinnern, welche drei Behörden er eigentlich abschaffen will; ausgerechnet nach Bildung fällt ihm die dritte in einer Kandidatendebatte nicht ein. Hoppla! Michel Bachmann glaubt, Impfungen können zu Schwachsinn führen, welcher bei ihr offenbar schon eingesetzt hat. Indes weist Herman Cain darauf hin, er wisse den Namen des Präsidenten von »Ubeki-beki-beki-beki-stan-stan« nicht. Wenn Mitt Romney in einer Kandidatendebatte um 10.000 Dollar wetten will, darf dies als fast schon normal gelten.

Einige Kommentatoren erkennen einen Niedergang der Republikaner und fragen sich, woher eigentlich all diese Knalltüten kommen. Jörg Häntzschel sieht in der Süddeutschen Zeitung eher ein neues Unterhaltungsformat im Fernsehen im Entstehen, eine Art Kandidatenkür-Seifenoper. Dieser Jahrmarkt der Eitelkeit und die daraus folgende Selbstdemontage vieler Kandidaten eröffnet einem in Affären erfahrenen Insider der Washingtoner Parteiaristrokratie die große Chance: Newt Gingrich war schon zu Bill Clintons Zeiten einflussreicher Abgeordneter und Meister der Doppelmoral, der Clintons außereheliche Eskapaden geißelte, während er selber eine Affäre hatte.

Kuhhandel um das Klima

Zur Klimakonferenz in Durban

Am 28. November steht die nächste UNO-Klimakonferenz in Südafrika an. Doch aller Voraussicht nach wird sie keinen entscheidenden Durchbruch bringen. Dabei wäre der wichtiger als je zuvor. Im vergangenen Jahr ist der weltweite CO2-Ausstoss um 6% gestiegen, so stark wie noch nie. Überdies zeigen aktuelle Entwicklungen, dass der Klimawandel weiter voranschreitet. Seine Folgen – Dürren, Überschwemmungen, Versteppung – treffen allerdings vorwiegend die Entwicklungsländer.

Die neuen Verhandlungen stehen unter ungünstigen Vorzeichen. Denn die USA und China sperren sich gegen verbindliche Verzichtserklärungen, und auch andere Länder geben sich zurückhaltend, wie etwa Polen oder Bolivien. Hinzu kommt, dass Japan seit der Katastrophe von Fukushima vermehrt auf klimaschädliche Kohlekraftwerke setzt. Keine guten Aussichten also für ehrgeizige Ziele. Nicht umsonst hat auch Umweltminister Norbert Röttgen schon einmal vorsorglich die Erwartungen gedämpft - und betont, dass er vor allem die USA in der Pflicht sieht.

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