Effizienz über alles!
In einem Gastkommentar auf le bohémien plädiert Florian Sander, Mitglied des Rates der Stadt Bielefeld (FDP), für die Freiheit des Bildungsbereichs von Wirtschaftlichkeit als oberstem Grundsatz. Demnach profitiere die Gesellschaft durchaus von der Ungezwungenheit der Wissenschaft, auch nicht wirtschaftlich verwertbares zu erforschen, denn nur wissenschaftlicher Freiraum ermöglicht gute wissenschaftliche Arbeit. Die Unterwerfung des Hochschulwesens unter ständige finanzielle Zwänge und Effizienz führe außerdem zu kollektiver Verdummung und schlechter, weil eingeengter, Wissenschaft.
Leere Versprechen?
Bundesinnenminister de Maizière stellte kürzlich das vom Bundeskabinett gebilligte Integrationsprogramm vor. Während es in der Vergangenheit Versäumnisse bei der Integration gegeben habe, leiste das nun vorgestellte Programm einen Beitrag zur Sachlichkeit der öffentlichen Debatte um Integration. Unter anderem sollen Integrationskurse verstärkt genutzt werden, um die Teilnehmer fit für den Arbeitsmarkt zu machen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband äußerte unterdessen deutliche Kritik an der finanziellen Ausstattung dieser Kurse. Nach Information des Verbandes habe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits im Juli dieses Jahres harte Sparmaßnahmen im Bereich der Integrationskurse angekündigt. Viele Interessenten würden in der Praxis auf unbestimmte Zeit vertröstet, da es nicht genug Geld gebe, um allen Bewerbern Deutschkenntnisse zu lehren.
Kampf um die Theorie
Am 29. April zirkulierte Prof. Peter Hallward eine Email, in der es hieß:
I regret to say that Middlesex University has just decided, rather abruptly, to close all its Philosophy programmes and to shut down our Centre for Research in Modern European Philosophy …
Das renommierte Philosophie-Departement der Middlesex University soll komplett geschlossen werden. Die Entscheidung, die als weder ökonomisch noch akademisch motiviert gilt, fiel tags zuvor. Lehrende und Studierende reagierten sofort und richteten unter anderem eine Petition ein. Nina Power, die am 8. Mai im Berliner Haus der Kulturen der Welt vorträgt, verurteilte die Entscheidung im Guardian. Weiterlesen … »
Studium und Protest
Gerade veröffentlicht der in Berlin und Zürich ansässige Verlag diaphanes unter dem Titel „Unbedingte Universitäten“ gleich vier Bände zur Institution und Idee der Universität. Herausgeber der Reihe ist ein aus der jüngsten Protestbewegung hervorgegangenes Kollektiv Münchner Studentinnen und Studenten.
Zwei der Bände versammeln einmal aktuelle und einmal historische Beiträge namhafter Intellektueller zum Thema. Zwei weitere Bände beziehen sich zusammenhängend auf Prinzip, aktuelle Lage und mögliche Entwicklungsrichtungen der Universität. Weiterlesen … »
Von Afghanistan nach Neukölln
Die taz kritisiert und kommentiert die militärische Forschung an den Berliner Universitäten sowie deren Abhängkeit von Drittmittelförderung. Neben dem Sonderforschungsbereich 700 an der FU, welcher zu »Räumen mit begrenzter Staatlichkeit« forscht, entwickeln Ingenieure der TU Drohnen, die auch zu militärischen Flügen genutzt werden. In Potsdam wird deutlich offener mit der Einbindung der Bundeswehr in den Lehr- und Forschungsbetrieb umgegangen. Ein Studiengang mit dem Namen Military Studies ist hier bereits etabliert.
Eine Abreibung für den Bildungsprotest
In einem hübsch gedrechselten Dossier ruft Magnus Klaue zur »anstehende[n] Erledigung« der »selbsternannten« Bildungsstreik-Bewegung auf. Dabei meint er's hart aber herzlich, will dem vermeintlich schläfrigen Haufen der Bildungsprotestler mit der kalten Dusche der Kritik aufhelfen und ihm zugleich das theoretische Fundament unterschieben. Denn was ginge tiefer, als Reflexionen über
die somatischen, gleichsam organischen Implikationen des Bildungsbegriffs und (…) dessen wahrhaft materialistische Grundlage, seinen 'Triebgrund'.
Bei soviel wohlwollender Nachhilfe im 1x1 materialistischer Kritik, fällt es nicht schwer, über kleinere Schnitzer hinwegzusehen. Oder sollte die »Warenform« heute tatsächlich immer noch ein unablässiges Kriterium aller »autonomen geistigen Gebilde« sein?
Gong zur nächsten Runde
Die deutschen Hochschulen sind chronisch unterfinanziert, die Budgets sind seit Jahrzehnten rückläufig. Zugleich wurde die Bolognareform ohne Beteiligung der Betroffenen und ohne Konzept umgesetzt. Jedes Semester nehmen daher die Proteste der Studierenden zu, nun ist der Unmut von Österreich auf die deutschen Universitäten übergesprungen. Über die Besetzungen der Hörsäle in zahlreichen deutschen Städten berichten die Süddeutsche, die Franfurter Allgemeine, die Rheinische Post, der WDR und die tagesschau im Netz und auch in ihrer Sendung. Ironischerweise solidarisieren sich Hochschulrektoren und Politiker mit dem Protest oder zeigen Verständnis. Der Widerspruch darin wird an der Humboldt-Universität deutlich, wo der Präsident die Proteste begrüßt und gleichzeitig durch einen Polizeieinsatz zu verhindern sucht. Die taz warnt daher in einem Kommentar vor Heuchelei und vor den Lippenbekenntnissen der Politik. Der Tagesspiegel fragt dagegen, ob es sich um eine neue Protestbewegung handele. Weiterlesen … »