Das Militär ist seit der Gründung der Türkei ein Staat im Staat, welches bereits mehrere Male geputscht hat. Zugleich war das Land strategisches Bollwerk gegen den Ostblock. Im Zweifel hat sich in dieser Konstellation das undurchsichtige Netzwerk kemalistischer Eliten durchgesetzt. Die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan stellt diese Konstellation mit ihren umfassenden Reformen in Frage. Prompt wurden Putschpläne eines nationalistischen Netzwerkes in Armee und Nachrichtendiensten bekannt. Der Machtkampf zwischen den alten Eliten, repräsentiert durch die Partei CHE, und den Reformern kristallisiert sich nun anhand eines Urteils des konservativen Verfassungsgerichts [7] heraus, welches Armeeangehörige der zivilen Gerichtsbarkeit entzieht.
Erdogan plant als Reaktion, diesen Punkt in einer Verfassungsnovelle einzubeziehen. Da dies der entscheidene Aspekt ist, an welchem die Rolle des Militärs als gegenüber der Politik unabhängigen Staatsorgans hängt, wird daran der Machtkampf über die Zukunft des Staates ausgetragen werden. Entscheidend wird die Stärke der Demokraten in der Armee sein. Es ist anzunehmen, dass die Ultranationalisten mit ihren gescheiterten und frühzeitigen Putschplänen den überwiegenden Teil ihres Pulvers verschossen haben und nicht mehr in der Lage sein werden, die Mehrheit der Generäle auf ihre Seite zu ziehen. Die Tatsache, dass die Verschwörung so schnell und umfassend an die Medien lanciert wurde, deutet auf den wachsenden Einfluss der Demokraten auch im konservativen Staatsapparat hin.
Links:
[1] http://wiki.dasdossier.de/stichwort/putsch
[2] http://wiki.dasdossier.de/stichwort/recep-tayyip-erdogan
[3] http://wiki.dasdossier.de/stichwort/militaerputsch
[4] http://wiki.dasdossier.de/stichwort/ilker-basbug
[5] http://wiki.dasdossier.de/nutzer/martin-atzler
[6] http://wiki.dasdossier.de/sites/dasdossier.de/files/imagecache/Vollbild/imagefield/alter-und-neuer-staat-366.jpg
[7] http://www.nzz.ch/nachrichten/schweiz/tuerkei_verfassungsgericht_1.4579932.html