Presseschau Beitrag

Abstieg auf Raten

Die Finanzkrise in Irland als Konflikt zwischen Europas Zentrum und seinen Rändern
Das unfertige Gebäude der Anglo-Irish Bank steht als Sinnbild für die Kreditkrise: 23 Milliarden Euro kostete die Verstaatlichung <br/>Bild von William Murphy
Das unfertige Gebäude der Anglo-Irish Bank steht als Sinnbild für die Kreditkrise: 23 Milliarden Euro kostete die Verstaatlichung Bild von William Murphy

Irland steht am Abgrund: Das Land mit seinen 4,5 Millionen Einwohnern springt mit bis zu 85 Milliarden Euro für seine Banken ein. Verglichen mit der Einwohnerzahl wäre das in Deutschland 1,5 Billionen Euro. Andreas Wehr sieht das in der jungen Welt nicht als nationales Problem. Vielmehr handelt es sich dabei auch um die Einlagen ausländischer Banken, die sich mit Krediten in Höhe von 730 Milliarden Euro in Irland engagiert haben. Insofern stellt sich für ihn das irische Problem als Konflikt zwischen dem europäischen Zentrum in Form der Banken und den Staaten am europäischen Rand, also Griechenland, Lettland, Irland etc. dar. Am Ende soll der Steuerzahler für die Krise aufkommen, indem in Irland ein umfangreiches Kürzungspaket nach dem Rasenmäher-Prinzip durchgesetzt werden soll.

Dies wird vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Union forciert. Die vorgeschlagenen Maßnahmen erinnern dabei an die berüchtigten Strukturanpassungen des IWF in zahlreichen Schwellenländern, die diesen Sozialkürzungen und eine Anpassung an neoliberale Marktvorstellungen aufzwingen sollte. Doch die Sozial- und Budgetkürzungen führen die Staaten in eine Abwärtsspirale: Sowohl die Staatsverschuldung als auch die Einbußen des Bruttoinlandsprodukts bewegen sich im zweistelligen Bereich.

Entscheidend ist, ob die irische Wirtschaft überhaupt noch das notwendige Wachstum aufbringen kann, um aus dem Tief herauszukommen. Doch damit steht es schlecht. Im zweiten Quartal 2010 ist das Bruttoinlandsprodukt deutlich geschrumpft. Die Arbeitslosenquote hat sich auf 12,8 Prozent erhöht. Und die jetzt verlangten einschneidenden Kürzungsprogramme werden die Nachfrage erneut sinken lassen. Weitere Insolvenzen und eine noch höhere Arbeitslosigkeit werden die Folgen sein. Irland ist, wie bereits Griechenland, auf dem Weg in die Depression. Die von der EU verlangten Kürzungen bedeuten weniger Wachstum: »Die EU ist wie ein Hund, der seinen Schwanz jagt. Die Kommission sagt, er müsse schneller jagen.«

Die Folge werden gravierende soziale Konflikte sein, wie sie nun in Großbritannien zu sehen sind. Dort lieferten sich Studenten aufgrund der Kürzungspolitik der Regierung schwere Auseinandersetzungen mit der Polizei.