Presseschau Beitrag

Byzantinische Ränkespiele in Rom

Indiskretionen im Vatikan zeugen von harten Machtkämpfen
Byzantinische Ränkespiele in Rom
Bild von Michal Osmenda

Wer hätte das gedacht: Die verfeindeten Fraktionen im Vatikan nutzen die Öffentlichkeit, um durch geleakte Papiere ihre Streitigkeiten auszutragen. So landete bei der italienischen Zeitung Il Fatto Quotidiano ein Papier vom 30.12.2011, in dem der sizilianische Kardinal vom sicheren Tod des Papstes in diesem Jahr munkelt: »Der Heilige Vater befasse sich im Geheimen mit der Frage seiner Nachfolge«, für die er den Mailänder Kardinal Angelo Scola vorgesehen habe. Zwar ist das Papier authentisch, doch der Inhalt mag zu einem Intrigenspiel gehören, das sich gegen den Sekretär des Papstes Tarcisio Bertone richtet. Souverän spürt Jörg Bremer für die FAZ den komplexen Machtverhältnissen im Kleinstaat Vatikan nach. Dazu bietet Stefan von Kempis vom Vatikanradio im Deutschlandfunk einige Grundlektionen der Welt rund um den Petersdom.

Doch die römischen Machtkämpfe haben einen ernsten Hintergrund. Tatsächlich wird der Kurs nach dem Papsttum des Joseph Ratzinger ausgelotet, der als Theoretiker das Amt aus Sicht seiner Kritiker ungenügend ausfüllt. Zugleich brodelt es um die Verhältnisse in der Vatikanbank, der Banco Ambrosiano, der schon zu Zeiten des Kalten Krieges der miese Ruf einer prominenten Geldwaschanlage für Drogengelder der Mafia und für das Terrornetz Gladio vorauseilte. Daran scheint sich wenig geändert zu haben, denn einige der veröffentlichten Papiere beschäftigen sich mit der Vatikanbank, dem »Instituto per le Opere di Religione«. So sind Aufklärer im Vatikan kaltgestellt worden, der Vatikan will nicht mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten. Bereits im April 2011 veröffentlichte das englischsprachige Al Jazeera einen umfangreichen Bericht zu diesem Fall: Denn seit Herbst 2010 untersucht die italienische Staatsantwaltschaft erneute Geldwäschevorwürfe unter dem Präsidenten Ettore Gotti Tedeschi. Beobachter erwarten weitere Veröffentlichungen.