Presseschau Beitrag
Neuer Staat oder neuer Krieg?
Am 9. Januar wird über die Unabhängigkeit des Südsudan abgestimmt. Dieser Termin geht zurück auf den Friedensschluß von 2005, der den Krieg zwischen der Zentralregierung in Khartoum und der Rebellenarmee SPLA beendete. Es besteht kaum Zweifel daran, daß eine Mehrheit für die Abspaltung stimmt. Umso unklarer ist jedoch, ob ein solcher Prozess friedlich ablaufen wird. Zwar versichert Sudans Staatspräsident Omar al-Bashir jedes Ergebnis anzuerkennen, doch der Treck der Millionen vor dem Bürgerkrieg geflohenen Südsudanesen in ihre Heimat hat längst begonnen: Diese sind weniger von der Hoffnung auf ein besseres Leben geleitet als vielmehr von der Angst vor Übergriffen. Gravierender ist, daß der Grenzverlauf und die Verteilung der Öleinnahmen nicht geklärt sind. Sowohl der Süden als auch der Norden sind von Einnahmen aus dem mehrheitlich im Süden lagernden Vorräten abhängig.
Experten rechnen zumindest mit einigen Scharmützeln entlang des ungeklärten Grenzverlaufs. Einige Stimmen plädierten aufgrund der ungeklärten Fragen dafür, die Abstimmung auszusetzen. Explosiv ist die Situation auch, weil der Südsudan durch Hilfe von Kenia, Israel und den USA mit über 130 Panzern ausgerüstet wurde. Die Bedingungen für eine Fortsetzung des Bürgerkriegs sind also durchaus gegeben. Im Hintergrund kämpfen China und die USA um Einfluß und um die Ölressourcen.
Entscheidend ist dabei die Frage nach der Verbindung zwischen den Öllagerstätten und Tiefseehäfen. Bislang wird das Öl über eine Pipeline nach Port Sudan geleitet. Dagegen gibt es fortgeschrittene Planungen, einen neuen Hafen im Norden Kenias und eine neue Pipeline aus dem Sudan dorthin zu bauen. Von einer solchen Verbindung würde auch das vom Meer abgeschnittene Äthiopien profitieren.
Ein anderes Problem bei der Unabhängigkeit stellt die Frage dar, ob der Südsudan überhaupt über ein funktionierendes Staatswesen verfügt.