Presseschau Beiträge von Caspar Bildner

Bei Anruf Mord

Zwei Dokus über die Kriminalisten des Mordes
Bei Anruf Mord
Bild von peterstephenblass

Ein buntes Bild zeichnet das deutsche Fernsehen gerne über die Arbeit von Ermittlern und Mordkommissionen. Die reale Arbeit am Tatort ist dagegen meist eher dröge, sie besteht aus dem peniblen Sammeln und Auswerten von Spuren. Ein Dokumentarfilm von Ernst August Zurborn hat den Ermittlern für Mord und Totschlag in Hamburg  in sehr zurückhaltender Form über die Schultern geschaut. NDR 45 min zeigt dagegen den Berufsalltag der Fallanalytiker. Die Profiler werden in der Regel erst bei sehr schwierigen Fällen hinzugezogen, bei denen die Kriminalisten nicht vorankommen. Hier gilt die Regel: Jeder Täter trifft ständig Entscheidungen, die viele Details über ihn verraten. Daraus lässt sich häufig ein Profil rekonstruieren. Beide Filme ergänzen ein Bild über die zumeist eher banalen Motive des Tötens – Agatha Christie wäre wohl wenig beeindruckt.

Aufruhr in der Steppe

Haben die Unruhen in Kasachstan eine internationale Dimension?
Öltransport in Kasachstan
Öltransport in Kasachstan Bild von Duccio Aiazzi

In der ölreichen Region im Südwesten Kasachstans kam es zu schweren Unruhen, bei denen 15 Menschen starben. Seit Monaten protestieren Ölarbeiter für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen; Gewerkschafter sowie deren Angehörige wurden ermordet. Schwerpunkt der Proteste ist das nahe dem Kaspischen Meer gelegene Djanaosen. Die Regierung in Astana will die Lage vor den Parlamentswahlen beruhigen, scheint aber hin- und hergerissen zwischen Repression durch Nachrichtensperre sowie Truppen und Gesten der Schlichtung. Dabei bleibt vieles im Unklaren: Laut Chistian Esch in der Berliner Zeitung richten sich die Proteste auch gegen chinesischen Einfluss – eine wichtige Ölfirma in der Region ist ein kasachisch-chinesisches Joint-Venture. Ulrich Heyden gibt dagegen auf Telepolis Stimmen wieder, nach denen Oligarchen im Exil sowie »Kräfte im Westen« den Widerstand in der Region unterstützen: Ob der Protest der Ölarbeiter eine internationale Dimension hat, bleibt allerdings genauso unklar wie der genaue Ablauf der Ereignisse.

Kasachstan war bislang im instabilen und rohstoffreichen Zentralasien, in dem verschiedene Mächte um Einfluß ringen, ein eher stabiles Land. Der Staat erfuhr durch die OSZE-Präsidentschaft trotz einer Ein-Partei-Diktatur internationale Anerkennung.

Wenn der Informationsfluss versiegt

Die Logik des neofaschistischen Terrors bleibt schemenhaft
Welche Fäden liefen auf der Theresienwiese in Heilbronn zusammen?
Welche Fäden liefen auf der Theresienwiese in Heilbronn zusammen? Bild von Dmitry Klimenko

An einer Zwischenbilanz zu den Ermittlungen zu der neofaschistischen kriminellen Gruppierung NSU versucht sich der auf Rechtsradikalismus spezialisierte Journalist Andreas Förster im Freitag.

Bislang aber fördern die Ermittlungen mehr Widersprüche und Unwahrscheinlichkeiten zutage als Fakten.

Weder das Verhalten der Bankräuber am Tag ihres Ablebens scheint plausibel noch der Hintergrund des Todes einer Polizistin in Heilbronn. Warum nahmen Böhnhardt und Mundlos das Geld früherer Bankraube sowie ein Arsenal von Tatwaffen mit zu einem Überfall? Lebten sie tatsächlich zumeist in Zwickau? Das Profil der Gruppe bleibt auch nach einem Monat Ermittlung schemenhaft. Weiterlesen … »

Neue Helden

In Afghanistan knüpft die Bundeswehr an vordemokratische Leitbilder an
In Afghanistan inszeniert sich die Bundeswehr als kämpfende Armee
In Afghanistan inszeniert sich die Bundeswehr als kämpfende Armee Bild von Bundeswehr

Welche Auswirkung hat der Einsatz in Afghanistan auf die Transformation der Bundeswehr? Diese Frage stellt Marc Thörner in einem Feature des Deutschlandfunks. Durch Interviews kristallisiert sich das Bild heraus, dass das Kundus-Bombardement von Tanklastzügen mit vielen zivilen Opfern keineswegs ein Unfall war. Denn der befehlshabende Oberst Georg Klein habe bewußt einen Feindkontakt erfunden und damit das Bombardement ermöglicht, um einem neuen Leitbild der Bundeswehr Vorschub zu leisten. Den Aufklärern muß die Anwesenheit von Zivilisten klar gewesen sein, das Vorgehen war somit gegen alle Einsatzregeln. Dieser Zusammenhang werde der Öffentlichkeit vorenthalten, da das Leitbild einer weltweit agierenden Kampftruppe entwickelt wird. Dementsprechend wird Oberst Klein in den Offiziersrängen teils als Held verehrt und nicht für sein Vorgehen verurteilt. Gleichfalls mit der Ehrung deutscher Offiziere, die bis in den Zweiten Weltkrieg paschtunische Stämme zum religiösen Aufstand anstacheln sollten, wird an eine imperiale Linie im deutschen Militär angeknüpft. Wer dagegen im Sinne des »Staatsbürgers in Uniform« Kritik äußert, wird abgestraft.

Jahre der Angst

Neofaschisten bombten und mordeten in den 70er und 80er Jahren im Auftrag des Staates
Bei dem Bombenanschlag auf den Bahnhof von Bologna 1982 starben 85 Menschen
Bei dem Bombenanschlag auf den Bahnhof von Bologna 1982 starben 85 Menschen Bild von ZIC photo

Seit Beginn des Kalten Krieges setzten die USA auf verdeckte Geheimoperationen: Ein Baustein waren die paramilitärischen Gladio-Einheiten, die bei einer sowjetischen Besatzung hinter der Front agieren sollten. Für diese streng geheime und der NATO untergeordnete Organisation wurden Rechtsradikale rekrutiert, da sie aufgrund ihrer anti-kommunistischen Haltung als zuverlässig galten. Doch Gladio wurde im Inneren eingesetzt; durch Terroranschläge wurde ein Klima der Angst erzeugt, in dem rigide Sicherheitsgesetze legitimiert werden.

Die krasseste Terrorserie erfolgte im Italien der 70er und 80er Jahre. Sie wurde teils linken Gruppen in die Schuhe geschoben, um den kommunistischen Einfluß zurückzudrängen und einen Putschvorwand zu liefern. Doch auch eine unerklärliche Terrorserie in Belgien sowie das Oktoberfest-Attentat in den frühen 80er Jahren stehen wahrscheinlich in diesem Zusammenhang. Ein Anfang diesen Jahres von ARTE ausgestrahlter Film bietet einen Überblick über die Strategie der Spannung: Ein staatstragender Terror, um den Ruf nach einem autoritären Staat auszulösen. Somit geht die Kooperation von Geheimdiensten mit Faschisten auf ein geheimes Zusatzprotokoll des National Security Act der USA von 1947 zurück. Da die Rolle, die Gladio wirklich gespielt hat, jedoch bislang unklar geblieben ist, plädiert der Film für eine Aufklärung durch Öffnung der Archive.

Durch das Sieb der Nachrichtensperre

Berichte über Menschenrechtsverletzungen in Syrien

Larissa Bender beklagt im Amnesty Journal systematische Menschenrechtsverletzungen durch die syrische Regierung bei der Bekämpfung der Unruhen:

Meist geht die Armee nach dem gleichen Muster vor: Die Stadt wird zunächst umstellt, Strom, Wasser und Kommunikationsnetze werden gekappt, dann werden Heckenschützen postiert und die Häuser nach tatsächlichen oder vermeintlichen Aktivisten durchsucht.

Sie beruft sich dabei auf Interviews in einem Amnesty-Bericht, der 88 Todesfälle in Haft durch Folter feststellt. Somit ist die Darstellung der syrischen Regierung nicht haltbar, daß die mittlerweile tausenden Toten aus einer Art Notwehr gegen ihrerseits gewalttätige Regimegegner resultieren, da eine derart hohe Zahl an Menschen in Gewahrsam starben. Weiterlesen … »

Die Tricks der Wadenbeißer

Anwaltskanzleien haben sich auf das Mobbing von Mitarbeitern in Unternehmen spezialisiert

Auf dem Papier haben die Vertreter der Arbeitnehmer in den Betriebsräten in Deutschland klare Rechte. Doch  finden Unternehmen häufig Wege diese Rechte zu übergehen: So werden Betriebsräte durch dem Arbeitgeber treue Mitarbeiter unterwandert oder gewählte Vertreter aus dem Unternehmen gemobbt. Einige Anwaltskanzleien haben sich darauf spezialisiert, Unternehmen über die passenden schmutzigen Tricks zu beraten. Günter Wallraff hat für ZDF Zoom solche Seminare besucht und mit versteckter Kamera gefilmt. Die angewandten Methoden bewegen sich am Rande der Legalität und nehmen auf die psychische Gesundheit der Mitarbeiter wenig Rücksicht. Viele können dem Druck nicht standhalten und verlassen das Unternehmen.

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